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Samstag, 9. Juli 2022

Ukraine-Krieg wird für langfristige Belastungen sorgen. Oberbürgermeister Klaus Weichel appelliert an die Bevölkerung

 

Kaiserslautern, 06.07.2022

 

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

 

seit dem 24. Februar 2022 herrscht in Europa wieder Krieg. Der russische Überfall auf die Ukraine ist ohne Frage eine Zeitenwende. Zwar ist der von Russland selbst und vielen Beobachtern erwartete dreitägige Blitzkrieg grandios gescheitert. Angesichts der zähen Frontsituation im Donbas und im Süden des Landes muss man sich nun jedoch auf einen langfristigen Krieg einstellen, dessen Auswirkungen auch in Deutschland immer stärker zu spüren sein werden.

 

Ich befürchte daher, uns werden zunehmend schwierige Zeiten bevorstehen. Russland spielt schon jetzt ein perfides Spiel auf mehreren Ebenen, durch Blockade der Getreideexporte aus der Ukraine mit weitreichenden Folgen für den globalen Süden, vor allem aber durch die Kontrolle der Gaszufuhr nach Europa. Die Belastungen für die Bevölkerung, die unmittelbar mit dem Krieg zusammenhängen, sind schon jetzt eindeutig spürbar. Es ist zu erwarten, dass sich dies im Laufe der nächsten Monate noch deutlich verstärken wird, insbesondere dann, wenn kein Gas mehr aus Russland nach Deutschland fließen sollte und die Heizperiode beginnt.

 

Was genau passieren wird, ist schwer zu prognostizieren. Die Bundespolitik arbeitet gerade mit Hochdruck an Anpassungen, durch die die schlimmsten Szenarien verhindert werden sollen. Unumgänglich scheint aber, dass wir uns auf weitere massive Preiserhöhungen auf dem Energiesektor werden einstellen müssen. Ich muss Sie also bitten, sich darauf vorzubereiten. Legen Sie, wenn es Ihnen möglich ist, für den Winter etwas Geld zurück oder erhöhen Sie Ihre Abschlagszahlungen.

 

Mein eindringlicher Appell lautet: Sparen Sie bitte schon jetzt Energie, wo es nur möglich ist. Nicht nur Gas, sondern auch Strom, Benzin und Öl. Alles, was wir jetzt sparen, kommt uns im Winter zu Gute. Als Stadt gehen wir da mit gutem Beispiel voran. In der kommenden Ratssitzung werden wir dem Rat einen tiefgreifenden und einschneidenden Energiesparplan für die städtischen Gebäude zum Beschluss vorlegen.

 

Realistisch betrachtet werden die Versorgungsengpässe im Energiesektor einige Jahre anhalten. Dem Gas und den anderen fossilen Energieträgern gehört die Zukunft sicher nicht. Das verbietet allein schon der Klimawandel. Gasimporte aus anderen Ländern sind eine teure und teilweise auch politisch fragwürdige Alternative für die Übergangszeit, die wir uns aber auf Dauer nicht leisten können und sollten. Und ein weiter betriebener Gashandel mit Russland ist unter dem aktuellen politischen Regime moralisch eigentlich nicht vertretbar – ganz egal wie der Krieg in der Ukraine enden mag.

 

Die Lösung kann nur in den erneuerbaren Energien liegen. Deren jahrzehntelang versäumter Ausbau soll nun endlich beschleunigt werden, wird aber Jahre in Anspruch nehmen. Dieser Aufgabe werden wir uns auch als Stadt stellen. Und ja, ich weiß, Windräder sind keine Schönheit. Ohne sie wird es jedoch nicht gehen. Anlieger und Interessensverbände, die Windräder jahrelang erfolgreich verhindert haben, sind daher alle gefordert, über ihren Schatten zu springen. Die Diskussion um die Standorte muss neu beginnen, auch in Kaiserslautern.

 

Die Lösung kann sicherlich nicht darin liegen – und diese Stimmen werden sich in den kommenden Monaten leider mehren! – zum Status Quo mit Russland vor dem 24. Februar zurückzukehren. Wie lange der Krieg andauern wird, wann es zu Waffenstillstands- oder gar Friedensverhandlungen kommt, bestimmt allein die Ukraine. Dafür ist es jedoch zu früh. Ziel der Ukraine muss es sein, den Aggressor so weit wie irgend möglich aus dem eigenen Land zu vertreiben. Nur so kann verhindert werden, dass weite Teile des Landes dauerhaft unter russische Herrschaft geraten und damit massiven Repressalien ausgesetzt sind. Und nur so kann verhindert werden, dass Russland gestärkt und als moralischer Sieger aus dem Krieg hervorgeht, sich in seinem Vorgehen bestätigt sieht und weitere der bereits angekündigten Eroberungsfeldzüge in die Tat umsetzt. Russland spricht offen davon, die Ukraine als Staat und Identität auslöschen zu wollen, weitere Länder werden offen bedroht und können als nächste Ziele gelten, wenn der Angriff auf die Ukraine erfolgreich verläuft. Das zu verhindern ist nicht nur im Interesse der Ukraine, sondern ganz Europas.

 

Der Krieg in der Ukraine hat aber noch eine weitere Ebene. Er ist auch ein Krieg der Informationsbeherrschung. Russische und prorussische Medien und Medienaktivisten versuchen bewiesenermaßen seit Jahren, die Tatsachen im Sinne der russischen Sache bewusst zu verdrehen. Manche davon auf so haarsträubend falsche Art und Weise, dass es fast schon zum Lachen wäre, wenn das Thema nicht so ernst wäre. Leider ist dies aber die Ausnahme, die meisten prorussischen Botschaften sind deutlich subtiler versteckt. Und leider veröffentlicht auch die ukrainische Seite immer wieder Informationen, die sich als falsch herausstellen, bewusst oder unbewusst. An der Stelle daher erneut eine Bitte: Passen Sie auf, wo Sie sich über den Krieg informieren. Das gilt insbesondere bei Social-Media-Kanälen. Ich lege Ihnen hierzu einen FAQ ans Herz, den das Innenministerium kürzlich veröffentlicht hat (s.u.).

 

Als Stadt Kaiserslautern distanzieren wir uns ausdrücklich von allen Meinungsäußerungen, die das russische Handeln zu relativieren versuchen. Die Stadt Kaiserslautern steht auch weiterhin fest an der Seite der Ukraine.

Ihr

Dr. Klaus Weichel

Oberbürgermeister der Stadt Kaiserslautern


Weitere Informationen

 

Das Bundesministerium des Innern und für Heimat hat einen umfangreichen FAQ zum Thema „Desinformation im Kontext des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine“ veröffentlicht. Darin wird erläutert, was Desinformation ist, wie sie verbreitet wird und welche Narrative im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg vorrangig erzählt werden. Der FAQ ist ab sofort im Ukraine-Bereich auf der städtischen Homepage (www.kaiserslautern.de/ukraine ) hinterlegt.

 

https://www.kaiserslautern.de/buerger_rathaus_politik/medienportal/pressemitteilungen/065884/index.html.de

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Gedanken zu Krieg und Frieden in Gedichten

Gedanken zu Krieg und Frieden in Gedichten

Lesja Ukrainka „Hoffnung“

Kenn weder die Freiheit noch Freude und Glück, Im Herzen blieb mir nur die Hoffnung zurück. Die Heimat noch einmal wiederzusehen, Wo Winde und Stürme die Hüttenumwehen, Zu sehen den Dneper durchbrausen die Ferne – Ach, leben und sterben möcht‘ ich dort so gerne, – Die Steppen zu sehen, der Trauben Geranke Und dort auch zu denken den letzten Gedanken. Kenn weder die Freiheit noch Freunde und Glück, Im Herzen blieb mir nur die Hoffnung zurück. Lutzk, 1880

Der höhere Friede

Wenn sich auf des Krieges Donnerwagen Menschen waffnen, auf der Zwietracht Ruf, Menschen, die im Busen Herzen tragen, Herzen, die der Gott der Liebe schuf: Denk' ich, können sie doch mir nichts rauben, Nicht den Frieden, der sich selbst bewährt, Nicht die Unschuld, nicht an Gott den Glauben, Der dem Hasse wie dem Schrecken wehrt; Nicht des Ahorns dunkelm Schatten wehren, Daß er mich im Weizenfeld erquickt, Und das Lied der Nachtigall nicht stören, Die den stillen Busen mir entzückt. Heinrich von Kleist (1777 - 1811)

Contra Spem Spero. "Gegen die Hoffnung hoffe ich"

O fort mit dir, herbstliches Klagen! Die Tage des Frühlings beginnen! Soll denn in Verzweiflung Verzagen Die sonnige Jugend zerrinnen? Ich will aber Frohsinn, nicht Beben, Mein Lied soll im Unglück ertönen, Auch hoffnungslos hoff ich im Leben, - O fort mit Euch, Ächzen und Stöhnen! Ich pflanze auf steinigem Felde Viel Blumen, die rot sind und weiß, Ich pflanze bei frostiger Kälte Sie alle auf Schnee und auf Eis. Mit heißen Tränen begieße Ich sie bei klirrendem Frost, Das Eis zergeht, vielleicht sprießen Sie doch auf, und das ist mein Trost. Ich schleppe aufs steilste Gebirge Viel klobige Steine und singe, Sonst würden die Schreie mich würgen, Die in die Kehle mir dringen. Ich schließe die Augen auch nimmer Und schaue ins Dunkel ganz wach, Ich suche des Sternes Erschimmern, Des Königs der finsteren Nacht. Drum will ich stets Frohsinn, nicht Beben, Mein Lied soll im Unglück ertönen, Auch hoffnungslos hoff ich im Leben, - O fort mit Euch, Ächzen und Stöhnen! Lesja Ukrajinka (Pseudonym) *25.02.1871 - † 01.08.1913 (Übersetzerin Jona Gruber)

Der Antritt des neuen Jahrhunderts

Edler Freund! Wo öffnet sich dem Frieden, Wo der Freiheit sich ein Zufluchtsort? Das Jahrhundert ist im Sturm geschieden, Und das neue öffnet sich mit Mord. Und das Band der Länder ist gehoben, Und die alten Formen stürzen ein; Nicht das Weltmeer hemmt des Krieges Toben, Nicht der Nilgott und der alte Rhein. Zwo gewaltge Nationen ringen Um der Welt alleinigen Besitz, Aller Länder Freiheit zu verschlingen, Schwingen sie den Dreizack und den Blitz. Gold muß ihnen jede Landschaft wägen, Und wie Brennus in der rohen Zeit Legt der Franke seinen ehrnen Degen In die Waage der Gerechtigkeit. Seine Handelsflotten streckt der Brite Gierig wie Polypenarme aus, Und das Reich der freien Amphitrite Will er schließen wie sein eignes Haus. Zu des Südpols nie erblickten Sternen Dringt sein rastlos ungehemmter Lauf, Alle Inseln spürt er, alle fernen Küsten – nur das Paradies nicht auf. Ach umsonst auf allen Länderkarten Spähst du nach dem seligen Gebiet, Wo der Freiheit ewig grüner Garten, Wo der Menschheit schöne Jugend blüht. Endlos liegt die Welt vor deinen Blicken, Und die Schiffahrt selbst ermißt sie kaum, Doch auf ihrem unermeßnen Rücken Ist für zehen Glückliche nicht Raum. In des Herzens heilig stille Räume Mußt du fliehen aus des Lebens Drang, Freiheit ist nur in dem Reich der Träume, Und das Schöne blüht nur im Gesang. Friedrich von Schiller (1759 - 1805).

Aus dem Zyklus "Melodien" von Lesja Ukrajinka

Verbrenne mein Herz, Yogo hat Feuer gelegt Es tut mir leid für die heiße Iskra des Stocks. Warum weine ich nicht? Mit klarer sloz Warum werde ich keine schreckliche Mode gießen? Meine Seele weint, meine Seele ist zerrissen, Dass Slyosi nicht in einem reißenden Strom eilen Erreiche meine Augen nicht, wenn du schläfst, Bo trocken їkh fest in einem Feuer entzünden. Ich möchte auf ein sauberes Feld gehen, Leg dein Gesicht auf die graue Erde І so zaridati, so morgens pochuli, Schaob-Leute zhahhivshis auf meinen. *** Mein Herz brennt - ein heißer Funke Sorgen leuchteten auf, versengten mich. Also, warum weine ich nicht, was ist mit Tränen? Ich habe es nicht eilig, sie mit bösem Feuer zu füllen? Meine Seele weint in unausweichlicher Sehnsucht, Aber Tränen fließen nicht in einem lebendigen Strom, Brennende Tränen erreichen die Augen nicht, Der Kummer entwässert sie mit seiner Hitze. Ich möchte hinaus ins freie Feld, Auf den Boden kauern, um sich daran zu kuscheln Und schluchz, damit die Sterne hören Damit die Welt von meiner Traurigkeit entsetzt ist. Übersetzung von V. Zvyagintseva

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