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Samstag, 4. Juni 2022

Uni Freiburg: Veranstaltungsreihe mit regimekritischen russischen Intellektuellen und Künstler*innen

Das Zwetajewa-Zentrum der Universität Freiburg lädt Stimmen des „anderen Russland“ ein

Freiburg, 09.05.2022

In Russland ist das Wort „Krieg“ für die Aggression russischer Truppen in der Ukraine untersagt. Letzte oppositionelle Medien wie die Zeitung Novaja Gazeta, der Fernsehsender Dozd oder Radio Echo sind inzwischen ebenfalls verboten. Die Menschenrechtsorganisation Memorial musste sich schon im Dezember 2021 nach einem Gerichtsbeschluss auflösen. Viele russische Intellektuelle, Wissenschaftler*innen, Künstler*innen, Journalist*innen und Aktivist*innen, die sich öffentlich gegen den russischen Angriffskrieg gestellt haben, mussten das Land inzwischen verlassen. 

Mit seiner Veranstaltungsreihe möchte das Zwetajewa-Zentrum für russische Kultur an der Universität Freiburg einige Stimmen dieses „anderen Russlands“ zu Gehör bringen – mit Lesungen und Vorträgen, Konzerten und Filmen. Die Reihe mit dem Titel „Das andere Russland. Geschichten, Positionen, Begegnungen“ beginnt am 18. Mai 2022. Veranstaltungspartner sind die Universität Freiburg, das Kulturamt der Stadt Freiburg, das DFG-geförderte Graduiertenkolleg 1956 „Kulturtransfer und ‚kulturelle Identität‘ – Deutsch-russische Kontakte im europäischen Kontext“, das Literaturhaus Freiburg, die Hochschule für Musik Freiburg, Kultur im Freiburger Hof sowie „Happy New Ears“ Hamburg. 

"Das andere Russland": Die einzelnen Veranstaltungen

Den Auftakt macht am Mittwoch, 18. Mai 2022, ab 19 Uhr im Historischen Kaufhaus Freiburg die Veranstaltung „Schostakowitsch. Die Bratschensonate“. Präsentiert werden zwei Ausnahmewerke aus der Sowjetzeit: der Dokumentarfilm „Schostakowitsch. Bratschensonate“ (1981) der beiden Regisseure Semjon Aranowitsch und Alexander Sokurow sowie eben die Bratschensonate (1975) von Dmitri Schostakowitsch. Entstanden sind beide Werke unter Bedingungen sowjetischer Zensur und stehen zeichenhaft für den Kampf gegen die Unterdrückung der freien Kultur in Russland. Es spielen: Bratsche Tim-Erik Winzer (Ensemble Resonanz Hamburg) und Klavier Gilead Mishory (Hochschule für Musik Freiburg). 

Vladimir Sorokin liest am Dienstag, 24. Mai 2022, ab 20.15 Uhr in der Alten Universität (Max-Kade-Auditorium 1) aus seinem Erzählungsband „Die rote Pyramide“. Sorokin ist einer der bedeutendsten zeitgenössischen Schriftsteller Russlands – und einer der schärfsten Kritiker der politischen Eliten des Landes. Die Veranstaltung findet in russischer Sprache mit deutscher Übersetzung von Dr. Elisabeth Liphardt statt. Auf Deutsch liest Heinzl Spagl, Prof. Dr. Elisabeth Cheauré moderiert die Veranstaltung. 

Am Freitag, 27. Mai 2022 ab 19 Uhr in der Aula der Universität Freiburg ist Vladimir Tarnopolski zu Gast. Der Komponist zeitgenössischer Musik lebt seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Exil. In Freiburg präsentiert Tarnopolski unter anderem seine Komposition „Chevengur“ von 2001, ein Trauerlied als Textfragment aus dem gleichnamigen antiutopischen Roman Andrej Platonovs. Tarnopolski spricht mit Brice Pauset, Komponist, und Johannes Schöllhorn, Komponist und Leiter des Instituts für Neue Musik an der Musikhochschule Freiburg, über die Kunst und Verantwortung in Zeiten des Krieges. Studierende der Musikhochschule spielen seine Werke. 

Am Dienstag, 31. Mai 2022 ab 20.15 Uhr in der Alte Universität (Max-Kade-Auditorium 1) sprechen die regimekritischen investigativen Journalist*innen Andrei Soldatov und Irina Borogan über ihr Buch „The Compatriots. The Brutal and Chaotic History of Russia‘s Exiles, Emigres, and Agents Abroad“. Die im Exil lebenden Autor*innen berichten seit 1999 über Sicherheitsdienste und Terrorismus. Die Veranstaltung findet in russischer Sprache mit deutscher Übersetzung von Dr. Elisabeth Liphardt statt, Prof. Dr. Elisabeth Cheauré moderiert die Veranstaltung. 

Am Dienstag, 21. Juni 2022 ab 20.15 Uhr in der Alte Universität (Max-Kade-Auditorium 1) ist der in der Schweiz lebende russische Schriftsteller Michail Schischkin zu Gast. Sein aktueller Essay vom April 2022 trägt den Titel „Hass ist die Krankheit, Kultur die Arznei“ und thematisiert die Rolle der Kulturschaffenden in Zeiten des Kriegs gegen die Ukraine. Um die Chancen und Grenzen der Kultur geht es auch im Gespräch mit dem prominenten Putin-Kritiker, das Prof. Dr. Elisabeth Cheauré moderiert. 

Am Dienstag, 28. Juni 2022 ab 20.15 Uhr in der Alte Universität (Max-Kade-Auditorium 1) liest die Schriftstellerin Olga Martynova aus noch unveröffentlichten Texten und Gedichten. Die Autorin lebt seit 1991 in Deutschland und schreibt seit 1999 literarische Texte auch auf Deutsch. Das anschließende Gespräch moderiert Prof. Dr. Elisabeth Cheauré

Am Donnerstag, 14. Juli 2022 ab 18.15 Uhr in Hörsaal 1199 der Universität Freiburg spricht die aus Moskau stammende Historikerin, Germanistin, Übersetzerin und Autorin Dr. Irina Scherbakowa zum Thema „Die Zivilgesellschaft in Russland und der Ukraine-Krieg“. Sie war unter anderem Vorstandsmitglied und Leiterin der Bildungsprogramme bei der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial, die Ende 2021 endgültig verboten und aufgelöst wurde. Seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine lebt Scherbakowa im Exil. 

Flyer mit Programm zur Reihe „Das andere Russland. Geschichten, Positionen, Begegnungen“ unter:
https://www.zwetajewa-zentrum.de/wp-content/uploads/2022/05/Flyer_das-andere-russland.pdf

Ein Teil der Veranstaltungen wird live gestreamt, Links dazu unter
https://www.zwetajewa-zentrum.de 

Alle Einnahmen aus Eintrittsgeldern und Spenden kommen direkt der Nothilfe für die Ukraine des Universitätsklinikums Freiburg zugute.

 

Kontakt:
Prof. Dr. Elisabeth Cheauré
Zwetajewa-Zentrum für russische Kultur
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203- 54081
E-Mail: 

Annette Kollefrath-Persch
Hochschul- und Wissenschaftskommunikation
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-8909

E-Mail:  

https://kommunikation.uni-freiburg.de/pm/2022/veranstaltungsreihe-mit-regimekritische-russischen-intellektuelle-und-kuenstler-innen


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Gedanken zu Krieg und Frieden in Gedichten

Gedanken zu Krieg und Frieden in Gedichten

Lesja Ukrainka „Hoffnung“

Kenn weder die Freiheit noch Freude und Glück, Im Herzen blieb mir nur die Hoffnung zurück. Die Heimat noch einmal wiederzusehen, Wo Winde und Stürme die Hüttenumwehen, Zu sehen den Dneper durchbrausen die Ferne – Ach, leben und sterben möcht‘ ich dort so gerne, – Die Steppen zu sehen, der Trauben Geranke Und dort auch zu denken den letzten Gedanken. Kenn weder die Freiheit noch Freunde und Glück, Im Herzen blieb mir nur die Hoffnung zurück. Lutzk, 1880

Der höhere Friede

Wenn sich auf des Krieges Donnerwagen Menschen waffnen, auf der Zwietracht Ruf, Menschen, die im Busen Herzen tragen, Herzen, die der Gott der Liebe schuf: Denk' ich, können sie doch mir nichts rauben, Nicht den Frieden, der sich selbst bewährt, Nicht die Unschuld, nicht an Gott den Glauben, Der dem Hasse wie dem Schrecken wehrt; Nicht des Ahorns dunkelm Schatten wehren, Daß er mich im Weizenfeld erquickt, Und das Lied der Nachtigall nicht stören, Die den stillen Busen mir entzückt. Heinrich von Kleist (1777 - 1811)

Contra Spem Spero. "Gegen die Hoffnung hoffe ich"

O fort mit dir, herbstliches Klagen! Die Tage des Frühlings beginnen! Soll denn in Verzweiflung Verzagen Die sonnige Jugend zerrinnen? Ich will aber Frohsinn, nicht Beben, Mein Lied soll im Unglück ertönen, Auch hoffnungslos hoff ich im Leben, - O fort mit Euch, Ächzen und Stöhnen! Ich pflanze auf steinigem Felde Viel Blumen, die rot sind und weiß, Ich pflanze bei frostiger Kälte Sie alle auf Schnee und auf Eis. Mit heißen Tränen begieße Ich sie bei klirrendem Frost, Das Eis zergeht, vielleicht sprießen Sie doch auf, und das ist mein Trost. Ich schleppe aufs steilste Gebirge Viel klobige Steine und singe, Sonst würden die Schreie mich würgen, Die in die Kehle mir dringen. Ich schließe die Augen auch nimmer Und schaue ins Dunkel ganz wach, Ich suche des Sternes Erschimmern, Des Königs der finsteren Nacht. Drum will ich stets Frohsinn, nicht Beben, Mein Lied soll im Unglück ertönen, Auch hoffnungslos hoff ich im Leben, - O fort mit Euch, Ächzen und Stöhnen! Lesja Ukrajinka (Pseudonym) *25.02.1871 - † 01.08.1913 (Übersetzerin Jona Gruber)

Der Antritt des neuen Jahrhunderts

Edler Freund! Wo öffnet sich dem Frieden, Wo der Freiheit sich ein Zufluchtsort? Das Jahrhundert ist im Sturm geschieden, Und das neue öffnet sich mit Mord. Und das Band der Länder ist gehoben, Und die alten Formen stürzen ein; Nicht das Weltmeer hemmt des Krieges Toben, Nicht der Nilgott und der alte Rhein. Zwo gewaltge Nationen ringen Um der Welt alleinigen Besitz, Aller Länder Freiheit zu verschlingen, Schwingen sie den Dreizack und den Blitz. Gold muß ihnen jede Landschaft wägen, Und wie Brennus in der rohen Zeit Legt der Franke seinen ehrnen Degen In die Waage der Gerechtigkeit. Seine Handelsflotten streckt der Brite Gierig wie Polypenarme aus, Und das Reich der freien Amphitrite Will er schließen wie sein eignes Haus. Zu des Südpols nie erblickten Sternen Dringt sein rastlos ungehemmter Lauf, Alle Inseln spürt er, alle fernen Küsten – nur das Paradies nicht auf. Ach umsonst auf allen Länderkarten Spähst du nach dem seligen Gebiet, Wo der Freiheit ewig grüner Garten, Wo der Menschheit schöne Jugend blüht. Endlos liegt die Welt vor deinen Blicken, Und die Schiffahrt selbst ermißt sie kaum, Doch auf ihrem unermeßnen Rücken Ist für zehen Glückliche nicht Raum. In des Herzens heilig stille Räume Mußt du fliehen aus des Lebens Drang, Freiheit ist nur in dem Reich der Träume, Und das Schöne blüht nur im Gesang. Friedrich von Schiller (1759 - 1805).

Aus dem Zyklus "Melodien" von Lesja Ukrajinka

Verbrenne mein Herz, Yogo hat Feuer gelegt Es tut mir leid für die heiße Iskra des Stocks. Warum weine ich nicht? Mit klarer sloz Warum werde ich keine schreckliche Mode gießen? Meine Seele weint, meine Seele ist zerrissen, Dass Slyosi nicht in einem reißenden Strom eilen Erreiche meine Augen nicht, wenn du schläfst, Bo trocken їkh fest in einem Feuer entzünden. Ich möchte auf ein sauberes Feld gehen, Leg dein Gesicht auf die graue Erde І so zaridati, so morgens pochuli, Schaob-Leute zhahhivshis auf meinen. *** Mein Herz brennt - ein heißer Funke Sorgen leuchteten auf, versengten mich. Also, warum weine ich nicht, was ist mit Tränen? Ich habe es nicht eilig, sie mit bösem Feuer zu füllen? Meine Seele weint in unausweichlicher Sehnsucht, Aber Tränen fließen nicht in einem lebendigen Strom, Brennende Tränen erreichen die Augen nicht, Der Kummer entwässert sie mit seiner Hitze. Ich möchte hinaus ins freie Feld, Auf den Boden kauern, um sich daran zu kuscheln Und schluchz, damit die Sterne hören Damit die Welt von meiner Traurigkeit entsetzt ist. Übersetzung von V. Zvyagintseva

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