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Samstag, 4. Juni 2022

Uni Freiburg: 100 Jahre „Vertrag von Rapallo“ und die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland

 

Universität Freiburg lädt ab 9. Mai 2022 zu Veranstaltungsreihe mit Vorträgen, Schauspiel und Podiumsdiskussion ein

Freiburg, 06.05.2022


„Rapallo“ steht bis heute für die Besonderheiten der deutsch-russischen Beziehungen – und ihre gegensätzlichen Bewertungen: als Chance für eine Politik der Verständigung einerseits, als Gefahr eines deutsch-russischen Sonderwegs andererseits. Vor hundert Jahren, am 16. April 1922, schlossen Vertreter Deutschlands und Sowjetrusslands in dem norditalienischen Badeort Rapallo einen Vertrag, der die Grundlinien einer Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern regelte. Der aus Freiburg stammende Reichskanzler Joseph Wirth hatte das Abkommen maßgeblich vorbereitet, unterzeichnet wurde es vom deutschen Außenminister Walter Rathenau und dem sowjetrussischen Kommissar für Auswärtige Angelegenheiten Georgi Wassiljewitsch Tschitscherin.

Der Vertrag sollte die Beziehungen beider Länder normalisieren und auch der Wirtschaft neue Chancen schaffen. Die Einigung sorgte aber bereits damals für Kontroversen, weil mit diesem Vertrag zwei Verliererstaaten des Ersten Weltkriegs im Alleingang ohne Beteiligung der Westmächte ihre politische Isolation durchbrochen hatten.

Die Reihe „100 Jahre Rapallo-Vertrag – Positionen, Konflikte, Chancen“ will dieses wichtige historische Ereignis kritisch reflektieren – zumal die deutsch-russischen Beziehungen durch den Krieg in der Ukraine derzeit im Fokus vieler Diskussionen stehen.

Veranstalter sind das Zwetajewa-Zentrum für russische Kultur an der Universität Freiburg, das Historische Seminar der Universität Freiburg sowie das Studium Generale der Universität Freiburg in Kooperation mit der Joseph-Wirth-Stiftung.

Themen der einzelnen Veranstaltungen

Am Montag, 9. Mai 2022 ab 18.15 Uhr in Hörsaal 1199 spricht der Freiburger Professor für Neueste Geschichte und Zeitgeschichte Prof. Dr. Jan Eckel zum Thema „Rapallo und die Suche nach der internationalen Nachkriegsordnung“. Der Vortrag ordnet die Verständigung zwischen Deutschland und der Sowjetunion in die Suche nach einer tragfähigen Nachkriegsordnung ein, die in den Augen der meisten Beteiligten auf den Pariser Friedenskonferenzen nicht geschaffen worden war. „Rapallo“ kam laut Eckel hierbei eine besondere Bedeutung zu. Nicht nur, weil sich hier eine im Westen gefürchtete Allianz der Kriegsverlierer abzeichnete, sondern auch, weil er das Problem aufwarf, wie sich der weltrevolutionär-kommunistische Sowjetstaat in die internationale Ordnung einbeziehen ließ – und ob er dies überhaupt wollte.

Am Montag, 16. Mai 2022, ebenfalls ab 18.15 Uhr in Hörsaal 1199 spricht der Freiburger Westeuropa-Historiker Prof. Dr. Jörn Leonhard zum Thema „Nach Versailles und jenseits von Genf: Der Vertrag von Rapallo in europäischer und transatlantischer Perspektive“. Der Vortrag fragt nach den längerfristigen Kontinuitäten deutsch-russischer Beziehungen seit dem Frieden von Brest-Litowsk zwischen Russland und den Mittelmächten im Frühjahr 1918 sowie nach den besonderen westeuropäischen und transatlantischen Perspektiven auf Rapallo und thematisiert auch die Verknüpfungen von Innenpolitik und internationalen Beziehungen.

Am Sonntag, 22. Mai 2022 ab 11 Uhr im Winterer-Foyer des Theaters Freiburg widmet sich das Schauspiel „Die Historische Stunde: 100 Jahre Rapallo-Vertrag“ mit Dialog, Rezitation und Musik dem historischen Ereignis und fragt nach seiner aktuellen Bedeutung. Auf der Grundlage authentischer Dokumente empfindet das Stück ein persönliches Gespräch zwischen den Verhandlungsführern Reichskanzler Joseph Wirth und Volkskommissar für Auswärtige Angelegenheiten Georgij Tschitscherin sowie ein Telefonat Wirths mit Außenminister Walther Rathenau nach. Dazu kommt Musik aus Deutschland und Russland der 1920er Jahre. Es spielen Peter Haug-Lamersdorf und Burkhard Wein, Musik: Stephanie Heine, Gesang; Andreas Binder, Klavier; Anita Morasch, Gesang und Akkordeon. Texte und Regie: Heinz Siebold. Einführung: Dr. Ulrike Hörster-Philipps. Karten sind über das Theater Freiburg erhältlich.

Am Montag, 23. Mai 2022 ab 18.15 Uhr in Hörsaal 1199 spricht der Freiburger Osteuropa-Historiker Prof. Dr. Dietmar Neutatz zum Thema „Geist oder Gespenst? ‚Rapallo‘ als Mythos und Chiffre“. Neutatz befasst sich mit den Nachwirkungen und Instrumentalisierungen des Vertrags im In- und Ausland und spannt dabei einen zeitlichen Bogen von 1922 bis in die Gegenwart.

Bedeutung des Vertrags für die aktuelle Siuation

Die abschließende Podiumsdiskussion am 30. Mai 2022 um 20.15 Uhr in Hörsaal 1010 steht unter dem Titel „Modell oder Bürde? Rapallo und die schwierige Historie deutsch-russischer Beziehungen“. Die Teilnehmer*innen fragen danach, was der Vertrag von Rapallo heute für uns bedeutet und welche Lehren sich aus der Erfahrung von hundert Jahren ziehen lassen – ist die Einigung ein Muster für einen Entspannungsprozess, für wirtschaftliche und kulturelle Kooperationen über politische Gegensätze hinweg, oder stellt sie eine historische Belastung dar? Es diskutieren Prof. Dr. Elisabeth Cheauré, Professorin für Slavische Philologie und Gender Studies, Vorsitzende des Zwetajewa-Zentrums; Dr. h.c. Gernot Erler, ehemaliger Staatsminister und Russland-Beauftragter der Bundesregierung, Vorsitzender der West-Ost-Gesellschaft Südbaden; Dr. Ulrike Hörster-Philipps, Historikerin, Vorsitzende der Joseph-Wirth-Stiftung; Prof. Dr. Dietmar Neutatz, Historiker, Professor für Neuere und Osteuropäische Geschichte. Moderation: Heinz Siebold.

Die Veranstaltungen sollen nach Möglichkeit in Präsenz stattfinden; Vorträge und Podiumsdiskussion werden zusätzlich gestreamt. Der jeweiligen Links sind im Flyer „100 Jahre Rapallo-Vertrag. Deutsch-russische Beziehungen auf dem Prüfstand“ aufgeführt.

 

Kontakt:
Prof. Dr. Dietmar Neutatz
Professur für Neuere und Osteuropäische Geschichte
Historisches Seminar
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-3436
E-Mail: dietmar.neutatz@geschichte.uni-freiburg.de

Zwetajewa-Zentrum für russische Kultur an der Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-54081
E-Mail: kontakt@zwetajewa-zentrum.de

Annette Kollefrath-Persch
Hochschul- und Wissenschaftskommunikation
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-8909
E-Mail: annette.persch@zv.uni-freiburg.de

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Gedanken zu Krieg und Frieden in Gedichten

Gedanken zu Krieg und Frieden in Gedichten

Lesja Ukrainka „Hoffnung“

Kenn weder die Freiheit noch Freude und Glück, Im Herzen blieb mir nur die Hoffnung zurück. Die Heimat noch einmal wiederzusehen, Wo Winde und Stürme die Hüttenumwehen, Zu sehen den Dneper durchbrausen die Ferne – Ach, leben und sterben möcht‘ ich dort so gerne, – Die Steppen zu sehen, der Trauben Geranke Und dort auch zu denken den letzten Gedanken. Kenn weder die Freiheit noch Freunde und Glück, Im Herzen blieb mir nur die Hoffnung zurück. Lutzk, 1880

Der höhere Friede

Wenn sich auf des Krieges Donnerwagen Menschen waffnen, auf der Zwietracht Ruf, Menschen, die im Busen Herzen tragen, Herzen, die der Gott der Liebe schuf: Denk' ich, können sie doch mir nichts rauben, Nicht den Frieden, der sich selbst bewährt, Nicht die Unschuld, nicht an Gott den Glauben, Der dem Hasse wie dem Schrecken wehrt; Nicht des Ahorns dunkelm Schatten wehren, Daß er mich im Weizenfeld erquickt, Und das Lied der Nachtigall nicht stören, Die den stillen Busen mir entzückt. Heinrich von Kleist (1777 - 1811)

Contra Spem Spero. "Gegen die Hoffnung hoffe ich"

O fort mit dir, herbstliches Klagen! Die Tage des Frühlings beginnen! Soll denn in Verzweiflung Verzagen Die sonnige Jugend zerrinnen? Ich will aber Frohsinn, nicht Beben, Mein Lied soll im Unglück ertönen, Auch hoffnungslos hoff ich im Leben, - O fort mit Euch, Ächzen und Stöhnen! Ich pflanze auf steinigem Felde Viel Blumen, die rot sind und weiß, Ich pflanze bei frostiger Kälte Sie alle auf Schnee und auf Eis. Mit heißen Tränen begieße Ich sie bei klirrendem Frost, Das Eis zergeht, vielleicht sprießen Sie doch auf, und das ist mein Trost. Ich schleppe aufs steilste Gebirge Viel klobige Steine und singe, Sonst würden die Schreie mich würgen, Die in die Kehle mir dringen. Ich schließe die Augen auch nimmer Und schaue ins Dunkel ganz wach, Ich suche des Sternes Erschimmern, Des Königs der finsteren Nacht. Drum will ich stets Frohsinn, nicht Beben, Mein Lied soll im Unglück ertönen, Auch hoffnungslos hoff ich im Leben, - O fort mit Euch, Ächzen und Stöhnen! Lesja Ukrajinka (Pseudonym) *25.02.1871 - † 01.08.1913 (Übersetzerin Jona Gruber)

Der Antritt des neuen Jahrhunderts

Edler Freund! Wo öffnet sich dem Frieden, Wo der Freiheit sich ein Zufluchtsort? Das Jahrhundert ist im Sturm geschieden, Und das neue öffnet sich mit Mord. Und das Band der Länder ist gehoben, Und die alten Formen stürzen ein; Nicht das Weltmeer hemmt des Krieges Toben, Nicht der Nilgott und der alte Rhein. Zwo gewaltge Nationen ringen Um der Welt alleinigen Besitz, Aller Länder Freiheit zu verschlingen, Schwingen sie den Dreizack und den Blitz. Gold muß ihnen jede Landschaft wägen, Und wie Brennus in der rohen Zeit Legt der Franke seinen ehrnen Degen In die Waage der Gerechtigkeit. Seine Handelsflotten streckt der Brite Gierig wie Polypenarme aus, Und das Reich der freien Amphitrite Will er schließen wie sein eignes Haus. Zu des Südpols nie erblickten Sternen Dringt sein rastlos ungehemmter Lauf, Alle Inseln spürt er, alle fernen Küsten – nur das Paradies nicht auf. Ach umsonst auf allen Länderkarten Spähst du nach dem seligen Gebiet, Wo der Freiheit ewig grüner Garten, Wo der Menschheit schöne Jugend blüht. Endlos liegt die Welt vor deinen Blicken, Und die Schiffahrt selbst ermißt sie kaum, Doch auf ihrem unermeßnen Rücken Ist für zehen Glückliche nicht Raum. In des Herzens heilig stille Räume Mußt du fliehen aus des Lebens Drang, Freiheit ist nur in dem Reich der Träume, Und das Schöne blüht nur im Gesang. Friedrich von Schiller (1759 - 1805).

Aus dem Zyklus "Melodien" von Lesja Ukrajinka

Verbrenne mein Herz, Yogo hat Feuer gelegt Es tut mir leid für die heiße Iskra des Stocks. Warum weine ich nicht? Mit klarer sloz Warum werde ich keine schreckliche Mode gießen? Meine Seele weint, meine Seele ist zerrissen, Dass Slyosi nicht in einem reißenden Strom eilen Erreiche meine Augen nicht, wenn du schläfst, Bo trocken їkh fest in einem Feuer entzünden. Ich möchte auf ein sauberes Feld gehen, Leg dein Gesicht auf die graue Erde І so zaridati, so morgens pochuli, Schaob-Leute zhahhivshis auf meinen. *** Mein Herz brennt - ein heißer Funke Sorgen leuchteten auf, versengten mich. Also, warum weine ich nicht, was ist mit Tränen? Ich habe es nicht eilig, sie mit bösem Feuer zu füllen? Meine Seele weint in unausweichlicher Sehnsucht, Aber Tränen fließen nicht in einem lebendigen Strom, Brennende Tränen erreichen die Augen nicht, Der Kummer entwässert sie mit seiner Hitze. Ich möchte hinaus ins freie Feld, Auf den Boden kauern, um sich daran zu kuscheln Und schluchz, damit die Sterne hören Damit die Welt von meiner Traurigkeit entsetzt ist. Übersetzung von V. Zvyagintseva

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