Führende Ökonomen fordern ein globales Vermögensregister: Es soll Steuerhinterziehung durch Superreiche erschweren und Sanktionen erleichtern. Journalist Frederik Obermaier hält das für eine gute Idee, dämpft aber Erwartungen.
Führende Wirtschaftswissenschaftler
wie Joseph Stiglitz aus den USA oder Thomas Piketty aus Frankreich haben die
G20-Staaten aufgefordert, ein weltweites Register für bisher versteckte
Vermögenswerte zu schaffen. In einem offenen Brief in der britischen Zeitung
"Guardian" schreiben sie, angesichts der Fortschritte in den
vergangenen Jahren beim Aufdecken von Steuerhinterziehung und Geldwäsche sei es
"Zeit für ein weltweites Vermögensregister".
Der Brief ist von Mitgliedern der
Kommission für die Reform der weltweiten Steuergesetzgebung (ICRICT)
unterschrieben, einer unabhängigen Denkfabrik. Mit Blick auf Russland und den
Ukrainekrieg heißt es in dem offenen Brief, russische Oligarchen hätten
schätzungsweise "mindestens eine Billion Dollar" im Ausland
gebunkert, oftmals versteckt in ausländischen Unternehmen, deren wahre Besitzer
schwer zu ermitteln seien.
Die undurchsichtige Mauer
Die Staaten stünden vor einer
undurchsichtigen Mauer. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine habe die
"besorgniserregende Lage" weiter verschlechtert. Derzeit bestehe aber
die "einmalige Gelegenheit", Fortschritte beim Aufbau eines
Vermögensregisters zu machen, das Netz der Scheinfirmen zu zerschlagen und
Vermögen ihren wahren Besitzern zuzuordnen.
Der Investigativ-Journalist Frederik
Obermaier hält die Forderung für eine grundsätzlich gute Idee, dämpft aber
zugleich auch die Erwartungen an ein solches Register. Das Verstecken von Geld
würde teurer und die Welt in Bezug auf die Besteuerung großer Vermögen vermutlich
"ein bisschen gerechter", sagt er. Doch die Diskussion über die
Oligarchen-Vermögen werde derzeit an der Realität vorbeigeführt.
Woher stammt das Geld?
Obermaier verweist darauf, dass der
Nachweis, woher bestimmte Besitztümer stammen, sich besonders in einem
Rechtsstaat schwierig gestalten kann. Und das Geschäftsmodell von Steueroasen
sei nach wie vor die Heimlichkeit. "Das Grundproblem ist: Man muss das Geld
erst mal finden", betont Obermaier, der ehemals für die Süddeutsche
Zeitung an der Aufdeckung der Panama Papers beteiligt war.
Technisch sei ein weltweites
Register möglich, doch der politische Wille dafür habe bisher gefehlt,
kritisiert die Denkfabrik ICRICT. Das Register soll die unterschiedlichsten
Vermögenswerte auflisten, neben Immobilien und Konten auch Juwelen, Flugzeuge
und Jachten bis hin zu Vermögen in Kryptowährungen oder Patenten.
Zuletzt waren besonders die Jachten
russischer Milliardäre im Fokus, die im Rahmen von Sanktionen konfisziert
wurden. So wurde unter anderem die im Hamburger Hafen liegende Luxusjacht
„Dilbar“ festgesetzt.
Verschachteltes Firmenkonstrukt
Das hatte allerdings seine Zeit
gedauert, denn es war schwierig, die Eigentümerschaft nachzuweisen. Das
Bundeskriminalamt ermittelte schließlich ein verschachteltes Firmenkonstrukt
und konnte das Schiff auf diese Weise der Schwester eines kremltreuen
Oligarchen zuordnen.
(ahe/afp)
https://www.deutschlandfunkkultur.de/oligarchen-register-obermaier-100.html
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen