Die Europäische Kommission empfiehlt den 27 Mitgliedsländern der EU, der Ukraine, der Republik Moldau und Georgien eine Beitrittsperspektive zu geben. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die Stellungnahmen zu den Anträgen der drei Länder vorgelegt.
Mit Blick auf die von Russland angegriffene Ukraine sagte von der Leyen: „Die Ukrainer sind bereit, für die europäische Perspektive zu sterben. Wir wollen, dass sie mit uns den europäischen Traum leben.“ Die Kommissionspräsidentin betonte zugleich, dass die weitere Entwicklung leistungsabhängig sei - es liege an den Bewerbern, wie und wie schnell sie mit ihren Reformen vorangehen.
Ein historischer Tag
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte: „Die Ukraine, Moldau und Georgien teilen das starke und legitime Bestreben, der Europäischen Union beizutreten. Heute senden wir ihnen ein klares Zeichen für die Unterstützung ihrer Bestrebungen, die sie trotz schwieriger Umstände fortsetzen. Dabei halten wir an unseren europäischen Werten und Normen fest und geben den Weg vor, der sie zu einem EU-Beitritt führt.
Die Stellungnahmen der Kommission stellen einen Meilenstein in unseren Beziehungen dar. Es ist wirklich ein historischer Tag für die Bevölkerung der Ukraine, Moldaus und Georgiens. Wir bekräftigen, dass diese Länder zu gegebener Zeit zur Europäischen Union gehören werden. Für die nächsten Schritte sind nun unsere Mitgliedstaaten zuständig.“
Stellungnahmen in Rekordzeit vorgelegt
Der für Nachbarschaft und Erweiterung zuständige EU-Kommissar Olivér Várhelyi fügte hinzu: „Wir haben rasch und effizient gearbeitet, um unsere Stellungnahmen in Rekordzeit vorlegen zu können.
Die Mitgliedstaaten dürften ihre Entscheidung in den kommenden Tagen präsentieren, aber unsere Partnerländer sollten die in unseren Empfehlungen dargelegten Schlüsselreformen bereits jetzt in Angriff nehmen. Dies ist von entscheidender Bedeutung, damit die Ukraine, Moldau und Georgien auf ihrem Weg in die EU vorankommen.“
Grundlage der Stellungnahmen
Die Stellungnahmen der Europäischen Kommission stützen sich auf die Bewertung der drei vom Europäischen Rat vereinbarten Kriterien für einen EU-Beitritt: politische Kriterien, wirtschaftliche Kriterien sowie die Fähigkeit des Landes, die aus der EU-Mitgliedschaft erwachsenden Verpflichtungen zu erfüllen.
Berücksichtigt werden auch die Bemühungen der Ukraine, der Republik Moldau und Georgiens, ihren Verpflichtungen aus den Assoziierungsabkommen nachzukommen. Das beinhaltet auch die Freihandelszone der drei Länder mit der EU (DCFTA), die einen wesentlichen Teil des sogenannten EU-Besitzstands (Gesamtheit des gültigen EU-Rechts in der Europäischen Union) abdeckt.
Die Stellungnahmen der EU-Kommission zu den drei Ländern im Detail
- Ukraine
Die Europäische Kommission ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Ukraine bei der Erreichung der institutionellen Stabilität, die Garant für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die Menschenrechte sowie für die Achtung und den Schutz von Minderheiten ist, insgesamt weit fortgeschritten ist.
Sie weist weiterhin eine solide makroökonomische Bilanz auf, hat dank makroökonomischer und finanzieller Stabilität eine bemerkenswerte Widerstandsfähigkeit unter Beweis gestellt, muss jedoch die ehrgeizigen strukturellen Wirtschaftsreformen weiter vorantreiben.
Sie hat in vielen Bereichen schrittweise eine Annäherung an wesentliche Teile des EU-Besitzstands erreicht.
Auf dieser Grundlage empfiehlt die Kommission, dass der Ukraine die Perspektive einer Mitgliedschaft in der Europäischen Union eröffnet wird.
Das Land sollte den Status eines Beitrittskandidaten erhalten, auch wenn in einer Reihe von Bereichen noch Maßnahmen ergriffen werden müssen.
Opinion on Ukraine's application for membership of the European Union (europa.eu)
- Republik Moldau
In Bezug auf die Republik Moldau kommt die Europäische Kommission zu dem Schluss, dass das Land über eine solide Grundlage verfügt, um die institutionelle Stabilität zu erreichen, die Garant für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten ist.
Ferner wird die makroökonomische Politik als hinreichend solide beurteilt und es wurden Fortschritte bei der Stärkung des Finanzsektors und der Rahmenbedingungen für Unternehmen verzeichnet, jedoch müssen noch zentrale Wirtschaftsreformen durchgeführt werden. Das Land hat eine solide Basis für eine weitere Angleichung an den EU-Besitzstand geschaffen.
Auf dieser Grundlage empfiehlt die Kommission, dass die Republik Moldau die Perspektive einer Mitgliedschaft in der Europäischen Union eröffnet wird. Das Land sollte den Status eines Beitrittskandidaten erhalten, auch wenn in einer Reihe von Bereichen noch Maßnahmen ergriffen werden müssen.
Opinion on Moldova's application for membership of the European Union (europa.eu)
- Georgien
Die Europäische Kommission kommt zu folgendem Schluss: Georgien verfügt über eine Grundlage, um die institutionelle Stabilität zu erreichen, die Garant ist für Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, die Menschenrechte sowie für die Achtung und den Schutz von Minderheiten, auch wenn die jüngsten Entwicklungen die Fortschritte des Landes untergraben haben.
Georgien hat ein hohes Maß an makroökonomischer Stabilität erreicht und verfügt über eine solide Bilanz in der Wirtschaftspolitik und über günstige Rahmenbedingungen für Unternehmen. Doch es bedarf weiterer Reformen zu Verbesserung des Funktionierens der Marktwirtschaft. Darüber hinaus hat Georgien insgesamt eine solide Grundlage für die weitere Angleichung an den EU-Besitzstand geschaffen.
Auf dieser Grundlage empfiehlt die Kommission, dass Georgien die Perspektive einer Mitgliedschaft in der Europäischen Union eröffnet wird. Das Land sollte den Status eines Beitrittskandidaten erhalten, sobald eine Reihe von Prioritäten umgesetzt worden ist.
Opinion on Georgia's application for membership of the European Union (europa.eu)
Nächste Schritte
Auf Grundlage der Stellungnahmen der Europäischen Kommission entscheiden die EU-Mitgliedstaaten über die nächsten Schritte, dafür gilt das Prinzip der Einstimmigkeit. Die Anträge der Ukraine, von Georgien und Moldau auf EU-Mitgliedschaft werden auf der nächsten Tagung des Europäischen Rates am 23./24. Juni erörtert.
In der Zwischenzeit bleibt die EU entschlossen, im Einklang mit den bestehenden Assoziierungsabkommen und den vertieften und umfassenden Freihandelszonen noch engere Beziehungen zu knüpfen und die Partnerschaften zu vertiefen, um die Ukraine, Moldau und Georgien zu unterstützen.
Hintergrund/Zeitablauf
28. Februar 2022: Ukraine stellt Antrag auf EU-Mitgliedschaft
3. März 2022: Georgien und die Republik Moldau stellen Anträge auf EU-Mitgliedschaft
7. März 2022: Der Rat der Europäischen Union, also die 27 EU-Mitgliedsstaaten, ersuchen die Kommission, zu diesen Anträgen Stellung zu nehmen.
8. April 2022: Ukraine erhält den Teil des Fragebogens zu den politischen und wirtschaftlichen Kriterien
13. April 2022: Ukraine erhält den Teil des Fragebogens zum sogenannten EU aquis oder Besitzstand. Das ist die Gesamtheit des gültigen EU-Rechts in der Europäischen Union.
17. April bzw. 9. Mai 2022: Ukraine übermittelt die Antworten
Georgien und die Republik Moldau haben die Fragen am 11. und am 19. April 2022 erhalten. Die Republik Moldau hat ihre Antworten am 22. April und 12. Mai übermittelt, Georgien am 2. und 10. Mai 2022.
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