Die kulturwissenschaftliche Perspektive auf die Ukraine steht im Mittelpunkt einer interdisziplinären Ringvorlesung, die sowohl für das Sommersemester, als auch das kommende Wintersemester konzipiert ist. Im Fokus der Veranstaltungen unter dem Motto »Wir halten es für fahrlässig, über uns zu schweigen« rücken im Sommersemester die Kultur, Literatur und jüdische Traditionen der Ukraine.
»Insbesondere die Prozesse der kollektiven Identitätsbildung
der Ukraine, die Wahrnehmung der Ukraine durch andere Kulturen und ihre mediale
Repräsentation sind Themen unserer Vorlesungsreihe«, so Juniorprofessorin Dr.
Anna Artwinska, Direktorin des Instituts für Slavistik der Universität Leipzig.
»Wir wollen mit dieser Ringvorlesung die Forschung zur Ukraine sichtbarer
machen, gängigen Klischees über die Ukraine entgegentreten und einer breiten
Öffentlichkeit so die Möglichkeit geben, die ukrainische Literatur und Kultur
kennenzulernen.« »Auch die Rolle des Jüdischen in der Kultur wollen wir
sichtbar machen«, ergänzt Dr. Jan Gerber vom Dubnow-Institut: »Vor dem
Holocaust kam ein Drittel der städtischen Bevölkerung in der Ukraine aus
jüdischen Familien; in der kurzlebigen ukrainischen Volksrepublik (1917–1920)
war das Jiddische neben dem Ukrainischen und dem Russischen Staatssprache.«
Und schließlich hat die gesamte Veranstaltungsreihe eine
Botschaft: »Eine Ringvorlesung ist die Art der Intervention, welche wir als
Wissenschaftler:innen am besten leisten können. Es ist unsere Form des –
akademischen – Protests gegen den russischen Angriffskrieg und der Solidarität
mit der Ukraine«, so Artwinska. Die Veranstalter: innen wollen einen kleinen
Beitrag dazu leisten, dass auch im Sommer- und im Wintersemester noch über die
Ukraine gesprochen werde, wenn die öffentliche Aufmerksamkeit möglicherweise
schon wieder nachgelassen hat. Und sie würden sich freuen, wenn auch Schüler:innen
den einen oder anderen Vortrag besuchen.
Die Ringvorlesung wird durch ein Bild des jüdischen Malers
Issachar Ber Ryback (1897–1935) illustriert. Es ist eine avantgardistische
Impression über eine Katastrophe, möglicherweise über ein Pogrom. »Mit dem Bild
wollen wir zeigen, dass die Ukraine nicht nur ein Land der Tradition, sondern
auch der Moderne ist. Ber Rybach war ein Vertreter der künstlerischen
Avantgarde, die gerade in der Ukraine des frühen 20. Jahrhunderts eine große
Ausstrahlungskraft hatte«, hebt Juniorprofessorin Dr. Anna Artwinska hervor.
Den Auftakt der Reihe »Wir halten es für fahrlässig, über
uns zu schweigen« bildet am 14. April »Eine Brücke aus Papier –
Deutsch-ukrainische Schriftstellertreffen«, Referentin ist Prof. Dr. Kerstin
Preiwuß vom Deutschen Literaturinstitut an der Universität Leipzig. Die
Rektorin der Universität, Prof. Dr. Eva Inés Obergfell, wird ein Grußwort
halten, der ukrainische Botschafter in Deutschland, Dr. Andrij Melnyk, ist für
diese Veranstaltung angefragt.
Ort: Vortragsraum der Bibliotheca Albertina, Beethovenstraße
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Zeit: 14. April 2022, 17 Uhr
Für das Sommersemester wird die Ringvorlesung mit einer
Podiumsdiskussion mit ukrainischen Wissenschaftler:innen beschlossen. Für das
Wintersemester 2022/23 zeichnen das Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur
des östlichen Europa (GWZO) und das Historische Seminar der Universität Leipzig
verantwortlich.
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