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Freitag, 10. Juni 2022

Hans-Böckler-Stiftung: WIRTSCHAFTLICHE BELASTUNGEN UND SORGEN DURCH UKRAINE-KRIEG UND INFLATION WEITER VERBREITET ALS AUF HÖHEPUNKT DER CORONA-KRISE

  

Angesichts des Kriegs in der Ukraine und der stark gestiegenen Inflation machen sich mehr Erwerbspersonen in Deutschland große Sorgen um ihre eigene wirtschaftliche Situation als zu irgendeinem Zeitpunkt während der Corona-Krise. Aktuell empfindet rund ein Viertel aller Erwerbstätigen und Arbeitsuchenden die eigene finanzielle Lage als „äußerst stark“ oder „stark“ belastend (24 Prozent) und hat große Sorgen um die eigene wirtschaftliche Zukunft (26 Prozent). Das zeigen neue Ergebnisse aus der repräsentativen Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung, für die regelmäßig ein Panel aus Erwerbstätigen und Arbeitsuchenden befragt wird. Unter Erwerbspersonen mit niedrigem Haushaltseinkommen unter 1.300 Euro netto im Monat äußert sogar mehr als die Hälfte große Sorgen um die eigene wirtschaftliche Lage, in der nächsthöheren Einkommensgruppe zwischen 1.301 und 2.000 Euro netto tun das noch fast 40 Prozent. Auch die Belastung durch steigende Preise ist bei Erwerbspersonen mit niedrigem Einkommen sehr weit verbreitet (79 Prozent), sie reicht aber auch weit in mittlere Einkommensgruppen, wo 54 bis 59 Prozent sich große Sorgen um die Inflation machen.

 

Die Sorge um die soziale Ungleichheit in Deutschland ist derzeit ebenfalls ausgeprägter als jemals während der Pandemie: Zwei Drittel aller Befragten fürchten, dass die Gesellschaft so weit auseinanderdriftet, „dass sie Gefahr läuft, daran zu zerbrechen“. Drei Viertel glauben, dass die Einkommensverteilung durch den Ukraine-Krieg ungleicher wird. Dagegen sind die sozio-emotionalen Belastungen, von denen die Befragten berichten, etwa mit Blick auf die familiäre oder die Arbeitssituation zwar zuletzt auf das niedrigste Niveau seit Pandemiebeginn gesunken, offenbar, weil Schul-, Kita- und Betriebsschließungen im Moment kein großes Thema sind. Unter dem Strich überwiegen aber Verunsicherung und Unzufriedenheit: Lediglich rund ein Viertel der befragten Erwerbspersonen ist aktuell zufrieden mit dem Krisenmanagement der Bundesregierung in der Russland-Ukraine-Krise, rund ein Drittel äußert sich zufrieden mit Blick auf die Bewältigung der Pandemie.

 

„Insgesamt zeigt sich das Bild einer stark verunsicherten Gesellschaft, die mit wenig Zuversicht in die Zukunft blickt. Die Frustration, dass auf die Pandemie nun gleich die nächste schwere Krise durch den russischen Angriffskrieg folgt, zehrt an vielen Menschen, die entweder gar nicht mehr über die Runden kommen oder befürchten, dass ihre individuellen Reserven und die des Landes schwinden“, sagt Prof. Dr. Bettina Kohlrausch. „Die Ängste speisen sich dabei nicht nur aus der sicherheitspolitischen Weltlage, sondern in sehr starkem Ausmaß aus materiellen Belastungen und Sorgen. Die sind in den unteren Einkommensgruppen deutlich stärker ausgeprägt. Besonders beunruhigend ist hier, dass dies Gruppen sind, die schon während der Pandemie deutlich öfter Einkommenseinbußen hinnehmen mussten“, hebt die wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung hervor.

 

„Sehr viele Befragte haben kein Vertrauen, dass die Lasten der Ukraine-Krise fair verteilt werden und fühlen sich schon jetzt nicht ausreichend unterstützt. Das schwächt auch ihr Vertrauen in die Bundesregierung und demokratische Institutionen insgesamt“, so Kohlrausch. „Es ist daher dringend notwendig, bei kommenden Verteilungsauseinandersetzungen diejenigen, die schon finanziell stark unter der Corona-Pandemie gelitten haben, besonders im Blick zu behalten. Das ist nicht nur eine Frage der sozialen Gerechtigkeit für die betroffenen Gruppen, sondern auch der Stabilisierung der Gesellschaft als Ganzem“, sagt die Soziologin.

 

Kohlrausch hat zusammen mit WSI-Sozialforscher Dr. Andreas Hövermann die neueste Panel-Welle der repräsentativen Erwerbspersonenbefragung ausgewertet, die die Hans-Böckler-Stiftung seit Frühjahr 2020 durchführt. Dafür wurden Ende April 6.234 Erwerbstätige und Arbeitsuchende von Kantar Deutschland online zu ihrer Lebenssituation während der Pandemie befragt. Dieselben Personen waren bereits im April, Juni und November 2020 sowie im Januar, Juli und Oktober 2021 und im Januar 2022 interviewt worden, allerdings teilweise nicht mit dem vollständigen Fragebogen. Die Befragten bilden die Erwerbspersonen in Deutschland im Hinblick auf die Merkmale Geschlecht, Alter, Bildung und Bundesland repräsentativ ab. Durch die Panelstruktur lassen sich Veränderungen im Zeitverlauf herausarbeiten.

 

Weniger Ängste vor Corona-Infektion, steigende Sorgen um die finanzielle Lage

 

Die weit verbreiteten Belastungen aufgrund der finanziellen Situation schlagen sich auch in einer gewachsenen Verunsicherung mit Blick auf die Zukunft nieder. Während die Befürchtungen wegen einer möglichen Ansteckung mit dem Corona-Virus mittlerweile auf einem Tiefststand sind (mit noch 13 Prozent, die sich „große Sorgen“ machen), sind insbesondere finanzielle Sorgen bei den Befragten weiter als zuletzt verbreitet. Besonders stark sind die Sorgen um die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung und die eigene wirtschaftliche Situation angestiegen (auf jetzt 44 Prozent bzw. 26 Prozent, die „große Sorgen“ äußern). Weiterhin sorgen sich die Befragten zudem in erheblichem Ausmaß um den sozialen Zusammenhalt und die Entwicklung der sozialen Ungleichheit – letztere Sorgen sind mittlerweile auf dem höchsten Stand seit Beginn der Panel-Befragung und liegen beispielsweise knapp 10 Prozentpunkte höher als auf dem Höhepunkt der ersten Pandemiewelle.

 

Mögliche Ausweitung des Krieges und steigende Preise lassen praktisch niemanden kalt

 

Hauptgrund für die breite Verunsicherung ist aktuell die Angst vor einer Ausweitung des Ukraine-Krieges – dicht gefolgt von steigenden Preisen. Nur ein Bruchteil der Erwerbspersonen von 4 bis 6 Prozent äußert hier keine Sorgen. Befürchtungen um den Zustand der Gesellschaft, um den Zusammenhalt, die Entwicklung der Ungleichheit und vor einer Destabilisierung der Demokratie sind ebenfalls weit verbreitet. Zudem sorgen sich viele Befragte darum, dass Preissteigerungen und eine sich allgemein verschlechternde wirtschaftliche Situation sehr langfristige Folgen für sie haben: 37 Prozent äußern große Sorgen um ihre Altersabsicherung, 29 Prozent haben große Sorgen, ihren Lebensstandard nicht mehr halten zu können (siehe auch Abbildung 3). Auch ist auffällig, dass viele Befragte sich Gedanken um die hohen Staatsausgaben machen. Im Vergleich dazu deutlich weniger verbreitet sind Sorgen, die Arbeit zu verlieren, oder um die eigene berufliche Zukunft. „Aktuell treibt also weniger die Sorge um einen Jobverlust die Menschen um als vielmehr, dass sie durch die Inflation mit ihrem Geld nicht mehr über die Runden kommen“, ordnet WSI-Experte Hövermann die Daten ein.

 

Große Mehrheit plant, Energieverbrauch zu senken

 

Die gestiegenen Preise führen zu erheblichen Belastungen bei vielen. Insgesamt 52 bis 60 Prozent der Befragten berichten von „äußersten“ oder „starken“ Belastungen durch den Anstieg der Lebensmittel-, Energie- und Kraftstoffpreise. Dies führt jedoch bislang nur teilweise zu Verhaltensänderungen. Beim Pendeln zur Arbeit sehen Kohlrausch und Hövermann keine großen Veränderungen gegenüber den Ergebnissen vom Herbst 2021: 75 Prozent der befragten Erwerbspersonen nutzen dazu das Auto. Allerdings denken jetzt 20 Prozent der KFZ-Pendler darüber nach, auf ein anderes Verkehrsmittel umzusteigen. Je nach Energieform (Kraftstoff, Warmwasser, Raumwärme, Strom) hat sich eine Mehrheit von 61 bis 72 Prozent der Befragten vorgenommen, den Energieverbrauch zu senken. Die meisten planen eher geringfügige Absenkungen, aber immerhin 13 bis 19 Prozent aller Befragten haben sich, je nach Energieart, vorgenommen, ihren Verbrauch bedeutend zu reduzieren (Abbildung 4).

 

Die Belastungen der Krise sind erneut ungleich verteilt

 

Vor allem Personen in Haushalten mit geringeren Einkommen leiden unter den höheren Preisen. In den Einkommensgruppen bis maximal 2.000 Euro netto berichten 65 bis 75 Prozent von „äußersten“ oder „starken“ Belastungen durch die Energie- oder Lebensmittelpreise und knapp 70 bis knapp 80 Prozent machen sich große Sorgen wegen generell steigender Preise. Bei den finanziellen Belastungen durch die steigenden Lebensmittelpreise zeigt sich ein eindeutiger linearer Zusammenhang der höheren Belastung bei niedrigen Einkommen. Bemerkenswert ist allerdings auch, dass bei den Belastungen für Energie nur geringfügig weniger Befragte aus Haushalten mit mittleren Einkommen angeben, „äußerst“ oder „stark“ durch die gestiegenen Preise für Energie belastet zu sein (rund 60 Prozent). Lediglich die Werte der Höchstverdienenden sind hier mit 39 Prozent deutlich niedriger (Abbildung 5). 

 

Die Belastungen führen auch zu größeren Sorgen. Hier zeigt sich nach Analyse von Kohlrausch und Hövermann ein gemischtes Bild: Während die Sorgen wegen der höheren Preise bis weit in die Mittelschicht hineinreichen, sind von Sorgen um die eigene wirtschaftliche Situation, die auf noch konkretere finanzielle Probleme hindeuten, besonders stark Personen mit einem geringeren Haushaltseinkommen von unter 2.000 Euro belastet. Die Zusammenhänge sind weitestgehend linear: Je niedriger die Einkommen, desto größer die Sorgen. Geringverdienende planen auch am häufigsten, ihren Energieverbrauch zu senken.

 

„Die Daten zeigen, dass die von der Bundesregierung beschlossenen Entlastungspakete dringend notwendig sind“, sagt Bettina Kohlrausch. „Ob sie ausreichen werden, neben den erheblichen finanziellen Belastungen auch die weit verbreiteten Sorgen zu reduzieren, ist aber zweifelhaft. Zumal Rentnerinnen und Rentner, die von den Entlastungsmaßnahmen kaum etwas haben, durch unsere Befragung gar nicht erfasst sind.“

 

Bereits in der Pandemie belastete Gruppen sind auch jetzt wieder stärker belastet

 

Verschärfend wirkt sich nach Analyse der Forscherin und des Forschers aus, dass Befragte, die schon während der Pandemie Einbußen hinnehmen mussten oder während der Pandemie von besonders hohen sozio-emotionalen Gesamtbelastungen berichteten, nun erneut deutlich überdurchschnittliche Sorgen und finanzielle Belastungen haben. Das lässt sich anhand der Panel-Struktur der Befragung über mehr als zwei Jahre zeigen. „An diesen Befunden wird deutlich, dass sich für viele Befragte eine Krise nach der nächsten auftürmt. Die Überschneidungen der besonders belasteten Gruppen sind dabei erheblich“, erklärt WSI-Experte Hövermann.

 

Wenig Vertrauen in Krisenmanagement der Bundesregierung, viele befürchten weitere Zunahme der sozialen Ungleichheit

 

Die Zufriedenheit mit dem Krisenmanagement der Bundesregierung in Bezug auf die Corona-Pandemie ist gegenüber der vorangegangenen Befragungswelle von Januar 2022 leicht gestiegen, allerdings auf insgesamt niedrigem Niveau: Immer noch 63 Prozent der Befragten äußern Unzufriedenheit, 34 Prozent sind zufrieden. Noch geringer ist die erstmals erhobene Zustimmung zum Krisenmanagement der Bundesregierung mit Blick auf den Ukraine-Krieg: Hier äußern nur 24 Prozent Zufriedenheit, 70 Prozent sehen die Leistungen der Regierung kritisch. Generell geben lediglich 17 Prozent der Befragten an, sie hätten großes oder sehr großes Vertrauen in die Bundesregierung – 5 Prozentpunkte weniger als im Oktober 2021.

 

Besonders ausgeprägt sind auch Sorgen um die soziale Gerechtigkeit im Land. Drei Viertel der Befragten fürchten, dass die Einkommensverteilung durch den Ukraine-Krieg ungleicher wird. Zwei Drittel fühlen sich vom Staat nicht ausreichend unterstützt. Ebenso viele fürchten gar, dass die Gesellschaft so weit auseinanderdriftet, „dass sie Gefahr läuft, daran zu zerbrechen“.

 

Sehr aufschlussreich ist eine vertiefte statistische Analyse dazu, welche Zusammenhänge bestehen zwischen Sorgen um die Ausweitung des Krieges und um die Zunahme der sozialen Ungleichheit einerseits sowie der Unzufriedenheit mit dem Krisenmanagement der Ukraine-Krise andererseits, betont WSI-Direktorin Bettina Kohlrausch. Dabei zeigt sich, dass vor allem soziale und finanzielle Aspekte mit der Unzufriedenheit korrelieren und somit vermutlich ausschlaggebend sind. „Die aktuell weit verbreitete Unzufriedenheit ist offenbar vor allem von Sorgen um soziale und finanzielle Fragen getrieben“, sagt die Soziologin.

 

So unterscheidet sich die Unzufriedenheit mit dem Management der Ukrainekrise durch die Bundesregierung nur minimal zwischen Befragten, die sich große Sorgen und jenen, die sich keine Sorgen wegen einer Ausweitung des Ukrainekrieges machen. Dagegen ist der Anteil der mit dem Krisenmanagement Unzufriedenen unter denjenigen, die sich große Sorgen um die Zunahme der sozialen Ungleichheit machen, deutlich höher als unter denen, die sich darüber keine Sorgen machen. „Sorge um soziale Themen sind also eher Treiber der Unzufriedenheit als sicherheitspolitische Sorgen“, konstatiert die Wissenschaftlerin.

 

Nochmals bedeutender erscheinen die finanziellen Sorgen. So sind insbesondere diejenigen Befragten unzufrieden mit dem Ukraine-Krisenmanagement der Bundesregierung, die sich finanziell nicht ausreichend vom Staat unterstützt fühlen und sich sehr um die Inflation sorgen. Diese Befunde zeigen, dass in der Krise eine enorme Sprengkraft liegt, die das Potenzial habe, die Gesellschaft als Ganzes zu destabilisieren, so Kohlrausch und Hövermann.

 

Weitere Informationen:

 

Die PM mit Abbildungen (pdf)

 

 

Kontakt:

 

Prof. Dr. Bettina Kohlrausch

Wissenschaftliche Direktorin WSI

 

Dr. Andreas Hövermann

WSI, Projekt zu Sozialen Lebenslagen, Transformation und demokratischer Integration

 

Rainer Jung

Leiter Pressestelle

https://www.boeckler.de/de/pressemitteilungen-2675-wirtschaftliche-belastungen-und-sorgen-durch-ukraine-krieg-41483.htm

 

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Gedanken zu Krieg und Frieden in Gedichten

Gedanken zu Krieg und Frieden in Gedichten

Lesja Ukrainka „Hoffnung“

Kenn weder die Freiheit noch Freude und Glück, Im Herzen blieb mir nur die Hoffnung zurück. Die Heimat noch einmal wiederzusehen, Wo Winde und Stürme die Hüttenumwehen, Zu sehen den Dneper durchbrausen die Ferne – Ach, leben und sterben möcht‘ ich dort so gerne, – Die Steppen zu sehen, der Trauben Geranke Und dort auch zu denken den letzten Gedanken. Kenn weder die Freiheit noch Freunde und Glück, Im Herzen blieb mir nur die Hoffnung zurück. Lutzk, 1880

Der höhere Friede

Wenn sich auf des Krieges Donnerwagen Menschen waffnen, auf der Zwietracht Ruf, Menschen, die im Busen Herzen tragen, Herzen, die der Gott der Liebe schuf: Denk' ich, können sie doch mir nichts rauben, Nicht den Frieden, der sich selbst bewährt, Nicht die Unschuld, nicht an Gott den Glauben, Der dem Hasse wie dem Schrecken wehrt; Nicht des Ahorns dunkelm Schatten wehren, Daß er mich im Weizenfeld erquickt, Und das Lied der Nachtigall nicht stören, Die den stillen Busen mir entzückt. Heinrich von Kleist (1777 - 1811)

Contra Spem Spero. "Gegen die Hoffnung hoffe ich"

O fort mit dir, herbstliches Klagen! Die Tage des Frühlings beginnen! Soll denn in Verzweiflung Verzagen Die sonnige Jugend zerrinnen? Ich will aber Frohsinn, nicht Beben, Mein Lied soll im Unglück ertönen, Auch hoffnungslos hoff ich im Leben, - O fort mit Euch, Ächzen und Stöhnen! Ich pflanze auf steinigem Felde Viel Blumen, die rot sind und weiß, Ich pflanze bei frostiger Kälte Sie alle auf Schnee und auf Eis. Mit heißen Tränen begieße Ich sie bei klirrendem Frost, Das Eis zergeht, vielleicht sprießen Sie doch auf, und das ist mein Trost. Ich schleppe aufs steilste Gebirge Viel klobige Steine und singe, Sonst würden die Schreie mich würgen, Die in die Kehle mir dringen. Ich schließe die Augen auch nimmer Und schaue ins Dunkel ganz wach, Ich suche des Sternes Erschimmern, Des Königs der finsteren Nacht. Drum will ich stets Frohsinn, nicht Beben, Mein Lied soll im Unglück ertönen, Auch hoffnungslos hoff ich im Leben, - O fort mit Euch, Ächzen und Stöhnen! Lesja Ukrajinka (Pseudonym) *25.02.1871 - † 01.08.1913 (Übersetzerin Jona Gruber)

Der Antritt des neuen Jahrhunderts

Edler Freund! Wo öffnet sich dem Frieden, Wo der Freiheit sich ein Zufluchtsort? Das Jahrhundert ist im Sturm geschieden, Und das neue öffnet sich mit Mord. Und das Band der Länder ist gehoben, Und die alten Formen stürzen ein; Nicht das Weltmeer hemmt des Krieges Toben, Nicht der Nilgott und der alte Rhein. Zwo gewaltge Nationen ringen Um der Welt alleinigen Besitz, Aller Länder Freiheit zu verschlingen, Schwingen sie den Dreizack und den Blitz. Gold muß ihnen jede Landschaft wägen, Und wie Brennus in der rohen Zeit Legt der Franke seinen ehrnen Degen In die Waage der Gerechtigkeit. Seine Handelsflotten streckt der Brite Gierig wie Polypenarme aus, Und das Reich der freien Amphitrite Will er schließen wie sein eignes Haus. Zu des Südpols nie erblickten Sternen Dringt sein rastlos ungehemmter Lauf, Alle Inseln spürt er, alle fernen Küsten – nur das Paradies nicht auf. Ach umsonst auf allen Länderkarten Spähst du nach dem seligen Gebiet, Wo der Freiheit ewig grüner Garten, Wo der Menschheit schöne Jugend blüht. Endlos liegt die Welt vor deinen Blicken, Und die Schiffahrt selbst ermißt sie kaum, Doch auf ihrem unermeßnen Rücken Ist für zehen Glückliche nicht Raum. In des Herzens heilig stille Räume Mußt du fliehen aus des Lebens Drang, Freiheit ist nur in dem Reich der Träume, Und das Schöne blüht nur im Gesang. Friedrich von Schiller (1759 - 1805).

Aus dem Zyklus "Melodien" von Lesja Ukrajinka

Verbrenne mein Herz, Yogo hat Feuer gelegt Es tut mir leid für die heiße Iskra des Stocks. Warum weine ich nicht? Mit klarer sloz Warum werde ich keine schreckliche Mode gießen? Meine Seele weint, meine Seele ist zerrissen, Dass Slyosi nicht in einem reißenden Strom eilen Erreiche meine Augen nicht, wenn du schläfst, Bo trocken їkh fest in einem Feuer entzünden. Ich möchte auf ein sauberes Feld gehen, Leg dein Gesicht auf die graue Erde І so zaridati, so morgens pochuli, Schaob-Leute zhahhivshis auf meinen. *** Mein Herz brennt - ein heißer Funke Sorgen leuchteten auf, versengten mich. Also, warum weine ich nicht, was ist mit Tränen? Ich habe es nicht eilig, sie mit bösem Feuer zu füllen? Meine Seele weint in unausweichlicher Sehnsucht, Aber Tränen fließen nicht in einem lebendigen Strom, Brennende Tränen erreichen die Augen nicht, Der Kummer entwässert sie mit seiner Hitze. Ich möchte hinaus ins freie Feld, Auf den Boden kauern, um sich daran zu kuscheln Und schluchz, damit die Sterne hören Damit die Welt von meiner Traurigkeit entsetzt ist. Übersetzung von V. Zvyagintseva

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