22. April 2022
Europa steckt dem ifo Institut zufolge in einer Zwickmühle
bei einem Stopp der Ölimporte aus Russland. „Einerseits würde mehr Zeit der EU
die Möglichkeit geben, sich besser vorzubereiten, indem sie alternative
Energiequellen organisiert, die Nachfrage senkt und auch die Logistik der
Energieströme innerhalb der EU und in den einzelnen Ländern optimiert“, sagt
ifo-Forscherin Karen Pittel. „Andererseits sollte ein Ölembargo auch nicht ewig
aufgeschoben werden. Denn mehr Zeit würde es Russland erlauben, andere Abnehmer
zu finden, während die Einnahmen aus der EU weiter fließen.“ Außerdem würden
die Anreize in den EU-Staaten verringert, sich auf einen Stopp der russischen
Energieversorgung vorzubereiten.
„Bei Öl gehen wir davon aus, dass ein Rückgang der
russischen Lieferungen durch andere Quellen ausgeglichen werden kann. Aber dies
für Kohle und Öl gleichzeitig zu ermöglichen, während Engpässe bei russischem
Gas drohen, ist eine Herausforderung.“ Ein Kohle-Embargo wegen des russischen
Angriffs auf die Ukraine hatte die EU bereits für den Sommer beschlossen. Allerdings
könnte ein Öl- oder Gasembargo Russland wesentlich härter treffen als das
Kohle-Embargo.
Die Auswirkungen auf die Kohle- und Ölpreise würden davon
abhängen, ob das weltweite Angebot aufgrund eines Embargos verringert werde.
Wenn es Russland gelinge, sein Öl und seine Kohle relativ schnell anderweitig
zu verkaufen, werde der Schock für die Märkte wesentlich geringer ausfallen. In
diesem Fall würden allerdings auch die Auswirkungen auf Russland zumindest bis
zu einem gewissen Grad gedämpft werden.
“Grundsätzlich sind hohe Energiepreise in der aktuellen
Situation wichtig, da sie Verbrauchern und Unternehmen signalisieren, weniger
Energie zu verbrauchen“, sagt die Leiterin des ifo Zentrums für Energie, Klima
und Ressourcen. „Aber einkommensschwache Haushalte brauchen Unterstützung, um
mit den besonders steigenden Energiekosten fertig zu werden.“ Der Staat sollte
denen helfen, die sich nicht selbst helfen könnten, zum Beispiel durch
Zahlungen an arme Haushalte. Für Unternehmen könne ein einfacher Zugang zu
Krediten dazu beitragen, die Belastung zu verringern und gleichzeitig Anreize
zu schaffen, so wenig öffentliche Beihilfen wie möglich in Anspruch zu nehmen.
Auch die Kurzarbeit könnte helfen, Störungen auf dem Arbeitsmarkt zu
überbrücken.
Kontakt
Prof. Dr. Karen Pittel
Leiterin des ifo Zentrums für Energie, Klima und Ressourcen
Tel
+49(0)89/9224-1384
Fax
+49(0)89/985369
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