08.04.2022
Deutschland unterstützt Polen bei der Unterbringung und Versorgung von Heim- und Waisenkindern aus der Ukraine.
Das hat Bundesfamilienministerin Anne Spiegel der polnischen Familien- und Sozialministerin Marlena Malag heute in Warschau zugesagt. Entsprechend der großen Solidarität, mit der sich alle deutschen Bundesländer an der Aufnahme von Kindern und Jugendlichen aus ukrainischen Heimen beteiligen, hat nunmehr Baden-Württemberg zugesichert, noch weitere derzeit in Polen untergebrachte Waisenkinder aus der Ukraine aufzunehmen.
Spiegel besucht für zwei Tage Polen, um sich vor Ort über die Aufnahme und Versorgung ukrainischer Geflüchteter im Nachbarland zu informieren. Begleitet wird sie unter anderem von der Parlamentarischen Staatssekretärin Ekin Deligöz sowie von Desirée Weber, UNICEF Deutschland, Prof. Dr. Sabina Schutter, Vorstandsvorsitzende von SOS-Kinderdorf e.V. und Daniel Grein, Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderschutzbundes e.V.
Bundesfamilienministerin Anne Spiegel: „Ich bin sehr beeindruckt und bewegt von der überwältigenden Solidarität, mit der unsere polnischen Nachbarinnen und Nachbarn die rund zweieinhalb Millionen Menschen, die aus der Ukraine zu ihnen geflohen sind, aufnehmen. Wir sind nach Polen gekommen, um uns hier aus erster Hand über die Unterstützung der ukrainischen Geflüchteten zu informieren und das System der Unterbringung und Versorgung vor Ort kennenzulernen. Auch die deutsche Bundesregierung unternimmt alles in ihrer Macht Stehende, um die Geflüchteten zu unterstützen, und hat unter anderem eine bundesweite Koordinierungsstelle für die Aufnahme evakuierter ukrainischer Waisen- und Heimkinder in Deutschland eingerichtet. Diese jungen Menschen sind besonders schutzbedürftig, und es ist mir persönlich sehr wichtig, dass sie gut in Deutschland untergebracht und versorgt werden. Daher freue ich mich sehr, dass ich meiner Amtskollegin Marlena Malag zusagen konnte, dass sich das Land Baden-Württemberg bereiterklärt hat, ukrainische Waisenkinder aus Polen aufzunehmen und unterzubringen. Baden-Württemberg danke ich sehr herzlich für das Engagement.“
Desirée Weber, UNICEF Deutschland: „Wir begrüßen außerordentlich die große Solidarität Polens mit den geflüchteten Menschen aus der Ukraine und die Bereitschaft Deutschlands, weitere Kinder aus institutionellen Einrichtungen aufzunehmen. Bis zur Eskalation des Krieges lebten in der Ukraine annähernd 100.000 Kinder in Heimen und Internaten – etwa die Hälfte von ihnen sind Kinder mit Behinderungen. Diese Kinder sind besonders schutzbedürftig und brauchen entsprechende Unterstützung. Deshalb ist es wichtig, dass sie nach ihrer Ankunft in Deutschland sicher untergebracht und gut versorgt werden. Ganz entscheidend ist außerdem, dass sie dabei unterstützt werden, zur Ruhe zu kommen und das Erlebte zu verarbeiten. Die meisten Kinder aus Waisenhäusern und institutionellen Einrichtungen in der Ukraine haben noch Eltern oder eine erweiterte Familie. Es muss daher sichergestellt werden, dass sie wo immer möglich im Kontakt mit ihren Familien bleiben und ermittelt wird, ob sie wieder mit Angehörigen zusammengeführt werden können, wenn dies zum Wohl des Kindes ist.“
Prof. Dr. Sabina Schutter, SOS-Kinderdorf e.V.: „In Polen werden Geflüchtete aus der Ukraine mit offenen Armen empfangen, dafür sind wir sehr dankbar. Als internationale Kinderschutzorganisation weiß SOS-Kinderdorf, wie wichtig es ist, dass geflüchtete Kinder und Jugendliche kindgerecht und sicher untergebracht und betreut werden. Nur so können Kinderschutz und Kindeswohl gewährleistet werden. Mit der SOS-Meldestelle unterstützen wir im Auftrag des Bundesfamilienministeriums insbesondere die kindgerechte Aufnahme und Verteilung von ukrainischen Heim- und Waisenkindern in Deutschland. Es ist uns ein besonderes Anliegen, dass diese als Gruppe zusammenbleiben können und auch nicht von ihren Bezugspersonen getrennt werden. Die Kinder, die jetzt bei uns ankommen, brauchen Bildungsangebote, eine sichere Versorgung mit kindgerechtem Wohnraum, Nahrung, Kleidung sowie Zugang zu medizinischen und psychosozialen Dienstleistungen.“
Daniel Grein, Deutscher Kinderschutzbund e.V.: „Polen zeigt mit der Aufnahme von bislang mehr als zwei Millionen geflüchteten Menschen aus der Ukraine große Solidarität. Das ist ein Kraftakt, vor dem ich großen Respekt habe. Ich bin deshalb froh darüber, dass auch Deutschland Verantwortung übernimmt und die Aufnahme von Heimkindern zugesagt hat. Die geflüchteten Kinder müssen nun zügig in das bestehende Kinder- und Jugendhilfesystem integriert werden. Denn insbesondere traumatisierte Kinder brauchen so schnell wie möglich eine feste Struktur, einen rhythmisierten Tagesablauf und Kontakt zu anderen Kindern. Der Kinderschutzbund seinerseits steht bereit, geflüchteten Kindern das Ankommen zu erleichtern, sie in seine Angebote zu integrieren und sozialpädagogisch zu begleiten.“
Auf dem Programm der zweitätigen Reise steht neben dem Gespräch von Bundesministerin Spiegel mit ihrer Amtskollegin in Warschau ein Treffen mit polnischen und deutschen Organisationen, die in der Geflüchtetenhilfe in Polen aktiv sind. Die Delegation besichtigt außerdem das humanitäre Hilfszentrum der temporären Flüchtlingsunterkunft Expo Ptak, die größte Durchgangsaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete in Europa mit einer Gesamtkapazität von bis zu 20.000 Menschen. Spiegel nimmt dort an der Übergabe einer Hilfslieferung von Lebensmitteln und Hygieneartikeln teil, die von der deutschen Botschaft in Warschau in Kooperation mit der deutsch-polnischen Außenhandelskammer und deutschen Unternehmen in Polen organisiert wird. Anlässlich der Reise nach Warschau legt Ministerin Spiegel zudem einen Kranz am Denkmal der Helden des Ghettos nieder.
Darüber besucht die Delegation die zentrale Durchgangsstelle für ukrainische Heim- und Waisenkinder und unbegleitete Kinder und Jugendliche in Stalowa Wola südlich von Warschau. Dort werden die evakuierten Kinder und Jugendlichen registriert und vorläufig untergebracht, bevor sie in dauerhafte Unterkünfte in ganz Polen vermittelt werden. Den Abschluss der Reise bildet die Besichtigung des zentralen Logistikzentrums des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Lublin, das Ausgangspunkt für Hilfsgüterlieferungen in Polen ist.
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