Bundesrat beschließt Sofort- und Einmalzuschlagsgesetz
Der Bundesrat hat heute, Freitag 20. Mai 2022, das Sofort- und Einmalzuschlagsgesetz beschlossen. Neben einem Sofortzuschlag von 20 Euro monatlich für bundesweit rund 2,9 Millionen von Armut betroffene Kinder und einem einmaligen Zuschuss an Grundsicherungsempfänger in Höhe von 200 Euro regelt das Gesetz die Zuständigkeit für hilfebedürftige ukrainische Geflüchtete neu:
Ab 1. Juni 2022 werden sie den im Asylverfahren anerkannten Schutzberechtigten
leistungsrechtlich gleichgestellt. Die Geflüchteten aus der Ukraine haben damit
Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung vom Jobcenter bzw. vom Sozialamt.
Sie erhalten zudem erleichterten Zugang zu Integrationskursen sowie zum
Arbeitsmarkt.
Dresdens Sozialbürgermeisterin Dr. Kristin Klaudia Kaufmann und Vorsitzende
der Trägerversammlung des Jobcenters: „Russland hat großes Leid über die
Ukraine gebracht. Viele Geflüchtete haben Hab und Gut aufgeben müssen oder
verloren, sind mittellos und auf unsere Unterstützung angewiesen. Keiner weiß,
wie lange der Krieg in der Ukraine noch dauern wird und welche Verluste er noch
bringen wird. Deshalb bin ich froh, dass der Bundesrat heute den Weg frei
gemacht hat für umfassende Hilfen zur Unterstützung und Integration aus einer
Hand. Das Jobcenter Dresden wird den jetzt beschlossenen Rechtskreiswechsel
zügig umsetzen“.
Das Sozialamt sichert aktuell den Lebensunterhalt für 8.013 Geflüchtete aus
der Ukraine. Sie erhalten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Etwa
7.300 von ihnen erhalten künftig Geld nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch
(SGB II) vom Jobcenter und etwa 700 Menschen Grundsicherung nach dem Zwölften
Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) vom Sozialamt. Grob gesagt wechseln neun von
zehn ukrainische Geflüchtete in die Zuständigkeit des Jobcenters.
Die Vorbereitungen für diesen Wechsel sind im Jobcenter und im Sozialamt
bereits angelaufen. Das Jobcenter hat Geflüchtete, die ab 1. Juni 2022
leistungsberechtigt sein können, zur sogenannten assistierten Antragstellung
ins Jobcenter eingeladen. Assistierte Antragstellung bedeutet: Sprach- und
Kulturmittler helfen den Geflüchteten beim Antrag auf Arbeitslosengeld II und
Sozialgeld. Sie informieren über das Verfahren und beantworten Fragen, damit
die Leistungsberechtigten möglichst vollständige Anträge stellen. Das beugt
Missverständnissen vor und gewährleistet eine zügige Antragsbearbeitung.
Sozialbürgermeisterin Dr. Kristin Klaudia Kaufmann machte sich heute
(20.05.) selbst im Jobcenter ein Bild von der assistierten Antragstellung: „Der
Antragsprozess ist von Anfang bis Ende aus der Perspektive der Geflüchteten gestaltet.
Das ist gut so. Damit senden wir ein Signal des Willkommens und nehmen
hoffentlich den Menschen auch ein bisschen die Sorge vor neuer Bürokratie. Die
rechtlichen Voraussetzungen bleiben zwar für alle Antragsteller gleich, aber
mit einem guten Verwaltungsservice halten wir die praktischen Hürden für die
Inanspruchnahme der Leistungen möglichst gering“.
Alle Antragsteller sollten rechtzeitig ein Konto bei einer deutschen Bank
oder Sparkasse eröffnen und sich bei einer Krankenkasse ihrer Wahl anmelden.
„Das erleichtert die Auszahlung und Versicherung durch das Jobcenter“, rät
Bürgermeisterin Dr. Kaufmann. Es besteht auch die Möglichkeit sich im Jobcenter
am Servicepunkt bei einer von sieben Krankenkassen anzumelden.
Bei den etwa 700 ukrainischen Geflüchteten, die weiterhin durch das
Sozialamt betreut werden, handelt es sich vor allem um Personen, die die
Altersgrenze für den Bezug der Altersrente erreicht haben. Für sie ändert sich
wenig. Ihre Leistungsdaten sind in der Regel bereits in der Datenbank des
Sozialamts angelegt. Allerdings müssen auch sie einen Neuantrag stellen, weil
sich die Rechtsgrundlage ändert. Wie das Jobcenter lädt auch das Sozialamt die
Betroffenen zur Antragstellung ein. Dolmetscher sind vor Ort.
Offene Leistungsanträge nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, die noch
nicht beschieden sind, arbeitet das Sozialamt in den nächsten Wochen ab. Das
gilt auch für die Gastfreundschaftspauschale, die Privatleute erhalten, wenn
sie ukrainische Geflüchtete bei sich aufgenommen haben und Unterkunftskosten,
bei denen die Direktzahlung an den Vermieter vereinbart wurde. Um die
Bearbeitung zu beschleunigen, sind Prozesse optimiert, spezielle Teams für
priorisierte Aufgabenbereiche gebildet sowie vorübergehend bis 31. Mai 2022
zusätzlich 20 Beschäftigte aus anderen Abteilungen des Sozialamts und 36
Beschäftigte des Jobcenters hinzugezogen wurden. Es wurde ein Team zur Prüfung
von Wohnungsangeboten auf Notwendigkeit und Angemessenheit gebildet. Daneben
laufen derzeit Stellenbesetzungsverfahren. Die ersten neueingestellten
Beschäftigten werden zum 1. Juni 2022 im Sozialamt erwartet.
Die Neuregelung der leistungsrechtlichen Zuständigkeit hat keine
Auswirkungen auf die Unterbringung in Übergangswohnheimen und
Gewährleistungswohnungen, die soziale Betreuung, die Hilfen zur Pflege, die
Eingliederungshilfe, die Senioren- und Altenhilfe sowie den Dresden-Pass. In
diesen Angelegenheiten bleibt das Sozialamt weiterhin für die ukrainischen
Geflüchteten zuständig.
Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat eine ungeahnte Fluchtbewegung
innerhalb Europas ausgelöst. In den elf Wochen seit der russischen Invasion
wurde ein Drittel der ukrainischen Bevölkerung aus ihrer Heimat vertrieben. 6,1
Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer sind seit Beginn des Konflikts über die Grenzen
geflohen. Das geht aus einem aktuellen Bericht des Hilfswerks der Vereinten
Nationen UNHCR hervor. Dies führte zu einem sprunghaften Anstieg der
Geflüchteten in Dresden. Aktuell verzeichnet das Sozialamt 8.348 ukrainische
Geflüchtete, für die die EU-Massenzustrom-Richtlinie gilt. Betreute das
Sozialamt vor dem Krieg in der Ukraine etwa 3.300 Geflüchtete, sind es momentan
rund 11.800 Menschen. Das bedeutet ein Plus von über 258 Prozent.
In der Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und
Regierungschefs der Länder am 7. April 2022 wurde vereinbart, dass
hilfebedürftige Geflüchtete aus der Ukraine zum 1. Juni 2022 in die
Regelsysteme der Grundsicherung nach SGB II und SGB XII wechseln. Nach dem
heutigen Beschluss des Bundesrats wird mit einer zeitnahen Ausfertigung des
„Gesetzes zur Regelung eines Sofortzuschlages und einer Einmalzahlung in den
sozialen Mindestsicherungssystemen sowie zur Änderung des
Finanzausgleichsgesetzes und weiterer Gesetze“ (Bundesrats-Drucksache 204/22)
durch den Bundespräsidenten gerechnet. Die Veröffentlichung im
Bundesgesetzblatt wird am 24. Mai 2022 erwartet.
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