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Samstag, 7. Mai 2022

Amnesty International Deutschland: UKRAINE: NEUE UNTERSUCHUNG IM NORDWESTEN KIEWS OFFENBART ZAHLREICHE KRIEGSVERBRECHEN


Agnès Callamard, Internationale Generalsekretärin von Amnesty, besucht zusammen mit weiteren Amnesty-Vertreter_innen die ukrainischen Stadt Borodjanka (2. Mai 2022), © Amnesty International


Nach umfassenden Recherchen vor Ort stellt Amnesty International heute einen neuen Bericht zum Krieg in der Ukraine vor. Die Menschenrechtsorganisation fordert, dass die russischen Streitkräfte wegen der in der Region nordwestlich von Kiew begangenen Kriegsverbrechen vor Gericht gestellt werden.

 

In dem heute veröffentlichten Bericht "He's Not Coming Back: War Crimes in Northwest Areas of Kyiv Oblast" dokumentiert Amnesty International rechtswidrige Luftangriffe auf Borodjanka sowie außergerichtliche Hinrichtungen in anderen Städten und Dörfern, darunter Butscha, Andrijiwka, Zdvyzhivka und Worsel.

Eine Delegation von Amnesty International unter Leitung der Internationalen Generalsekretärin Agnès Callamard besuchte in den vergangenen Tagen die Region, sprach mit Überlebenden und Familien von Opfern und traf sich mit hochrangigen ukrainischen Behördenvertreter_innen. Callamard sagt zu den neuen Rechercheergebnissen:

 

"Die Verbrechen der russischen Streitkräfte, die wir dokumentiert haben, umfassen sowohl rechtswidrige Angriffe als auch vorsätzliche Tötungen von Zivilpersonen. Wir haben Familien getroffen, deren Angehörige bei den grausamen Angriffen getötet wurden und deren Leben durch die russische Invasion für immer gezeichnet sein wird. Wir unterstützen ihre Forderungen nach Gerechtigkeit und fordern die ukrainischen Behörden, den Internationalen Strafgerichtshof und andere auf, dafür zu sorgen, dass die Beweise gesichert werden, die eine künftige Verfolgung von Kriegsverbrechen ermöglichen könnten. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass alle Verantwortlichen, auch diejenigen an der Spitze der Befehlskette, vor Gericht gestellt werden."

 

Amnesty International hat dokumentiert, dass in Borodjanka mindestens 40 Zivilpersonen bei unverhältnismäßigen und wahllosen Angriffen getötet wurden. Dabei wurde ein ganzes Wohnviertel verwüstet und Tausende Menschen obdachlos.

 

In Butscha und mehreren anderen Städten und Dörfern nordwestlich von Kiew hat Amnesty International 22 Fälle rechtswidriger Tötungen durch russische Streitkräfte dokumentiert. Dabei handelt es sich mutmaßlich größtenteils um außergerichtliche Hinrichtungen.

 

Während der zwölftägigen Recherchen befragten die Mitarbeiter_innen von Amnesty International Einwohner_innen von Butscha, Borodjanka, Novyi Korohod, Andrijiwka, Zdvyzhivka, Worsel, Makariw und Dmytrivka. Sie besuchten Orte, an denen zahlreiche Tötungen stattgefunden hatten.

Insgesamt befragten sie 45 Personen, die entweder direkte Zeug_innen der rechtswidrigen Tötungen ihrer Verwandten und Nachbar_innen durch russische Truppen waren oder aus erster Hand davon wussten. Außerdem sprachen sie mit 39 weiteren Personen, die Luftangriffe auf acht Wohngebäude entweder direkt miterlebt oder aus erster Hand davon erfahren hatten.

Kriegsverbrechen müssen strafrechtlich verfolgt werden

Außergerichtliche Hinrichtungen in internationalen bewaffneten Konflikten sind vorsätzliche Tötungen, die  Kriegsverbrechen darstellen. Wahllose und unverhältnismäßige Angriffe, die in krimineller Absicht durchgeführt werden, sind ebenfalls Kriegsverbrechen.

Alle Personen, die für Kriegsverbrechen verantwortlich sind, sollten für ihre Handlungen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Nach dem Prinzip der Vorgesetztenverantwortlichkeit sollten auch Vorgesetzte – einschließlich Befehlshaber_innen und zivile Führungskräfte wie Minister_innen und Staatsoberhäupter – strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie von den Kriegsverbrechen ihrer Streitkräfte wussten oder diese kennen hätten müssen, aber nicht versucht haben, diese zu stoppen oder die Verantwortlichen zu bestrafen.

Alle Prozesse und Mechanismen zur juristischen Aufarbeitung sollten so umfassend wie möglich ausgestaltet werden. Sie sollten sicherstellen, dass alle Täter_innen sämtlicher Konfliktparteien, die in der Ukraine Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und das Verbrechen der Aggression begangen haben, in fairen Verfahren und ohne Rückgriff auf die Todesstrafe vor Gericht gestellt werden. Darüber hinaus müssen die Rechte der Betroffenen bei der Untersuchung und Verfolgung internationaler Verbrechen im Vordergrund stehen. Alle Justizmechanismen sollten einen Ansatz verfolgen, der die Überlebenden in den Mittelpunkt stellt.

Ein interaktives 360-Grad-Feature zu Borodjanka ist hier zu finden

https://www.amnesty.de/allgemein/pressemitteilung/ukraine-neue-untersuchung-kriegsverbrechen-region-kiew

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Gedanken zu Krieg und Frieden in Gedichten

Gedanken zu Krieg und Frieden in Gedichten

Lesja Ukrainka „Hoffnung“

Kenn weder die Freiheit noch Freude und Glück, Im Herzen blieb mir nur die Hoffnung zurück. Die Heimat noch einmal wiederzusehen, Wo Winde und Stürme die Hüttenumwehen, Zu sehen den Dneper durchbrausen die Ferne – Ach, leben und sterben möcht‘ ich dort so gerne, – Die Steppen zu sehen, der Trauben Geranke Und dort auch zu denken den letzten Gedanken. Kenn weder die Freiheit noch Freunde und Glück, Im Herzen blieb mir nur die Hoffnung zurück. Lutzk, 1880

Der höhere Friede

Wenn sich auf des Krieges Donnerwagen Menschen waffnen, auf der Zwietracht Ruf, Menschen, die im Busen Herzen tragen, Herzen, die der Gott der Liebe schuf: Denk' ich, können sie doch mir nichts rauben, Nicht den Frieden, der sich selbst bewährt, Nicht die Unschuld, nicht an Gott den Glauben, Der dem Hasse wie dem Schrecken wehrt; Nicht des Ahorns dunkelm Schatten wehren, Daß er mich im Weizenfeld erquickt, Und das Lied der Nachtigall nicht stören, Die den stillen Busen mir entzückt. Heinrich von Kleist (1777 - 1811)

Contra Spem Spero. "Gegen die Hoffnung hoffe ich"

O fort mit dir, herbstliches Klagen! Die Tage des Frühlings beginnen! Soll denn in Verzweiflung Verzagen Die sonnige Jugend zerrinnen? Ich will aber Frohsinn, nicht Beben, Mein Lied soll im Unglück ertönen, Auch hoffnungslos hoff ich im Leben, - O fort mit Euch, Ächzen und Stöhnen! Ich pflanze auf steinigem Felde Viel Blumen, die rot sind und weiß, Ich pflanze bei frostiger Kälte Sie alle auf Schnee und auf Eis. Mit heißen Tränen begieße Ich sie bei klirrendem Frost, Das Eis zergeht, vielleicht sprießen Sie doch auf, und das ist mein Trost. Ich schleppe aufs steilste Gebirge Viel klobige Steine und singe, Sonst würden die Schreie mich würgen, Die in die Kehle mir dringen. Ich schließe die Augen auch nimmer Und schaue ins Dunkel ganz wach, Ich suche des Sternes Erschimmern, Des Königs der finsteren Nacht. Drum will ich stets Frohsinn, nicht Beben, Mein Lied soll im Unglück ertönen, Auch hoffnungslos hoff ich im Leben, - O fort mit Euch, Ächzen und Stöhnen! Lesja Ukrajinka (Pseudonym) *25.02.1871 - † 01.08.1913 (Übersetzerin Jona Gruber)

Der Antritt des neuen Jahrhunderts

Edler Freund! Wo öffnet sich dem Frieden, Wo der Freiheit sich ein Zufluchtsort? Das Jahrhundert ist im Sturm geschieden, Und das neue öffnet sich mit Mord. Und das Band der Länder ist gehoben, Und die alten Formen stürzen ein; Nicht das Weltmeer hemmt des Krieges Toben, Nicht der Nilgott und der alte Rhein. Zwo gewaltge Nationen ringen Um der Welt alleinigen Besitz, Aller Länder Freiheit zu verschlingen, Schwingen sie den Dreizack und den Blitz. Gold muß ihnen jede Landschaft wägen, Und wie Brennus in der rohen Zeit Legt der Franke seinen ehrnen Degen In die Waage der Gerechtigkeit. Seine Handelsflotten streckt der Brite Gierig wie Polypenarme aus, Und das Reich der freien Amphitrite Will er schließen wie sein eignes Haus. Zu des Südpols nie erblickten Sternen Dringt sein rastlos ungehemmter Lauf, Alle Inseln spürt er, alle fernen Küsten – nur das Paradies nicht auf. Ach umsonst auf allen Länderkarten Spähst du nach dem seligen Gebiet, Wo der Freiheit ewig grüner Garten, Wo der Menschheit schöne Jugend blüht. Endlos liegt die Welt vor deinen Blicken, Und die Schiffahrt selbst ermißt sie kaum, Doch auf ihrem unermeßnen Rücken Ist für zehen Glückliche nicht Raum. In des Herzens heilig stille Räume Mußt du fliehen aus des Lebens Drang, Freiheit ist nur in dem Reich der Träume, Und das Schöne blüht nur im Gesang. Friedrich von Schiller (1759 - 1805).

Aus dem Zyklus "Melodien" von Lesja Ukrajinka

Verbrenne mein Herz, Yogo hat Feuer gelegt Es tut mir leid für die heiße Iskra des Stocks. Warum weine ich nicht? Mit klarer sloz Warum werde ich keine schreckliche Mode gießen? Meine Seele weint, meine Seele ist zerrissen, Dass Slyosi nicht in einem reißenden Strom eilen Erreiche meine Augen nicht, wenn du schläfst, Bo trocken їkh fest in einem Feuer entzünden. Ich möchte auf ein sauberes Feld gehen, Leg dein Gesicht auf die graue Erde І so zaridati, so morgens pochuli, Schaob-Leute zhahhivshis auf meinen. *** Mein Herz brennt - ein heißer Funke Sorgen leuchteten auf, versengten mich. Also, warum weine ich nicht, was ist mit Tränen? Ich habe es nicht eilig, sie mit bösem Feuer zu füllen? Meine Seele weint in unausweichlicher Sehnsucht, Aber Tränen fließen nicht in einem lebendigen Strom, Brennende Tränen erreichen die Augen nicht, Der Kummer entwässert sie mit seiner Hitze. Ich möchte hinaus ins freie Feld, Auf den Boden kauern, um sich daran zu kuscheln Und schluchz, damit die Sterne hören Damit die Welt von meiner Traurigkeit entsetzt ist. Übersetzung von V. Zvyagintseva

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